Zuhören für Anwälte
Auch wenn sie es nicht gerne hören: Anwälte sind oft keine besonders guten Zuhörer. Das liegt vielfach daran, dass man als Anwalt meint, die Mandanten erwarten sofort einen fundierten Rat. Deshalb denkt man bereits während der Mandant spricht über die richtige Lösung nach. So kann man aber nicht richtig Zuhören.
Hier habe ich einen Schnellkurs für Anwälte im richtigen Zuhören gefunden.
1. Schweigen
Eigentlich selbstverständlich! Lassen Sie Ihren Mandanten seinen Punkt zu Ende bringen, ohne ihn zu unterbrechen (ich gebe zu, das fällt mir oft schwer).
2. Widerstehen Sie der Versuchung, bereits über Ihre Antwort nachzudenken, während der andere noch spricht!
Dies ist einer der häufigsten Fehler, der in Gesprächen gemacht wird. Wir meinen ja bereits nach der Hälfte des ersten Satzes zu wissen, was der Gegenüber sagen will und denken bereits ab dann über unsere Erwiderung nach. So geht ein großer Teil dessen, was der Mandant sagt, schlicht und einfach an uns vorbei. Daher ist es besser, dem anderen bis zum Ende aufmerksam zuzuhören. Ihnen entgehen dann keine Informationen. Und die Gefahr, Ihren Gesprächspartner vorzeitig das Wort abzuschneiden, wird auch geringer.
3. Warten Sie, bis der Gesprächspartner wirklich fertig ist.
Dies ist dann der Fall, wenn der andere Sie direkt oder körpersprachlich zum Sprechen auffordert. Das geht einmal durch die „Du bist dran“-Gesprächspause (der Gesprächspartner macht eine Sprechpause und schaut Sie auffordernd an oder nick t Ihnen zu) oder durch die verbale Aufforderung. Wenn Sie sich nicht sicher sind, fragen Sie einfach nach, ob er seinen Gedanken beendet hat (aber bitte nicht: Sind Sie jetzt endlich fertig?). Hier finden Sie mehr zu den fünf Arten der Gesprächspause.
4. Wiederholen Sie mit eigenen Worten, was von den Ausführungen des Gegenüber bei Ihnen angekommen ist.
Das ist eine der besten Maßnahmen, um bei Ihrem Gesprächspartner die Sicherheit zu erzeugen, dass er wirklich verstanden wurde. Aber bitte nicht papageienhaft seine Worte wiederholen, sonst könnte der andere sich verkohlt vorkommen. Wenn Sie diesem Rat folgen, werden Sie oft feststellen, dass Sie Ausführungen nicht ganz vollständig aufgenommen haben. Der Mandant fühlt sich aber verstanden und wird Ihnen vertrauen. Oft hält uns die Befürchtung, den anderen in seiner (für uns falschen Meinung) zu bestätigen, davon ab, diese Technik anzuwenden. Etwas verstehen heißt nicht, etwas gut zu heißen.
Wenn Sie diese vier einfachen Schritte einhalten, werden Sie in guter Zuhörer sein und die Mandanten (und auch die Gegner und Richter) werden Ihnen vertrauen und Sie als kompetent einschätzen. Probieren Sie es aus!