Zuhören, eine unserer schwierigsten Übungen
Es ist immer wieder erstaunlich, dass die wenigsten Menschen in der Lage sind, anderen zuzuhören. Damit meine ich, dass man wirklich wahrnimmt, was der andere sagt. Das tun Sie doch immer? Ich glaube nicht.
Zuerst geht es darum, wirklich zu verstehen, was der andere meint. Das geht nur, indem man Feedback gibt. Das heißt, indem man Verständnisfragen stellt, um sich zu vergewissern, dass man den Gesprächspartner auch richtig verstanden hat. Voraussetzung ist, den Gesprächspartner überhaupt ausreden zu lassen. Hier empfehle ich meinen früheren Artikel über die 5 Arten der Gesprächspause.
Feedback dient auch dazu, herauszufinden, welcher der 4 Aspekte einer Nachricht von Ihrem Gesprächspartner tatsächlich gemeint war, der Sachaspekt, der Beziehungsaspekt, der Selbstoffenbarungsaspekt und der Appellaspekt (siehe dieser Artikel). Möglicherweise reagieren wir sonst aufgrund bestimmter eigener Befindlichkeit auf einen Aspekt, der vom Gegenüber nicht gewollt war.
Was viele Menschen in der heutigen Zeit lernen müssen, ist schlicht und einfach mal den Mund zu halten. Nur so gelingt zuhören. Tatsächlich erlebt man immer wieder, dass zwei (oder mehr) Personen gegenseitig monologisieren. Die Antwort des Gesprächspartners wird nur nach Stichworten gescannt, um wieder einen eigenen Monolog daran aufzuhängen. Das hat mit Kommunikation nichts zu tun, die ein wenig Gemeinsamkeit voraussetzt. Auch in Talkshows, insbesondere in politischen, lässt sich das sehr schön beobachten. Es ist auch in der Regel völlig egal, was der/die Moderatorin fragt, es wird auf irgendein Stichwort eines Vorredners eine Stellungnahme abgegeben oder ein neuer Aspekt ins Spiel gebracht, der mit der Sache nichts zu tun hat aber die vermeintliche Schwachstelle der anderen Teilnehmer offenbart.
Insbesondere können die wenigsten (ich habe damit gelegentlich – meine Frau meint sehr oft – auch meine Schwierigkeiten) warten, bis der andere ausgesprochen hat. Man meint ja zu wissen, was der andere sagt und fängt nach den ersten paar Worten an, über die eigene Antwort nachzudenken anstatt zuzuhören. Zusammen mit dem Nichtausredenlassen führt das recht schnell zu eskalierenden Konflikten, insbesondere wenn das Thema ohnehin konfliktgeladen ist.
Und hier setzt wieder Mediation ein. Dort wird ein Rahmen geschaffen, in dem den Beteiligten zugehört wird, in dem Verständnisfragen gestellt werden und wo der Mediator auch sicherstellt, dass der gerade zuhörende Teil wirklich erfasst hat, was der andere gesagt hat. Allein dies bewirkt manches deeskalierendes Wunder.