Zu kurz gesprungen?
Im Rahmen des Gesetzes zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung wurde Mitte 2012 auch der § 253 Abs. 3 ZPO wie folgt ergänzt: „(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:
1. die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;“
Im Regierungsentwurf ist zur Begründung hierzu ausgeführt: „Die Neufassung des § 253 Absatz 3 ZPO dient dem Ziel, die Mediation und die außergerichtliche Konfliktbeilegung stärker im Bewusstsein der Bevölkerung und in der Beratungspraxis der Rechtsanwaltschaft zu verankern. Dementsprechend hat der 67. DJT 2008 beschlossen, dass die in der Rechtspflege tätigen Berufsangehörigen über das gesamte Spektrum der verfügbaren Konfliktlösungsverfahren im konkreten Einzelfall informieren sollen (vgl. Verhandlungen des 67. DJT 2008, Abteilung Mediation, Beschluss A. 4.). Spätestens beim Abfassen der Klageschrift sollen sich die Parteien und deren Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte daher mit der Frage auseinandersetzen, ob und wie sie den der beabsichtigten Klageerhebung zugrundeliegenden Konflikt außergerichtlich beilegen können. Dies soll dem Gericht in der Klageschrift mitgeteilt werden. § 253 Absatz 3 Nummer 1 ZPO betont damit die ohnehin nach§ 1 Absatz 3 BORA bestehende Verpflichtung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, ihre Mandantschaft konfliktvermeidend und streitschlichtend zu begleiten.“
Demnach soll also der eingefügte Absatz bzw. die Mitteilungspflicht in der Klageschrift allein dazu dienen, die Rechtsanwälte und die Parteien dazu anzuhalten, sich über alternative Streiterledigungsverfahren Gedanken zu machen. Ich habe so meine Zweifel, ob dieser Gesetzeszweck auch nur annähernd erreicht wird. Wenn überhaupt wird diese Angabe formularmäßig in die Klageschrift aufgenommen. Ernsthafte Diskussionen zwischen Mandanten und ihren Anwälten über die richtige bzw. zweckdienliche Form der Konfliktbeilegung finden wohl in der Praxis nur selten statt.
Die zweite Adressatengruppe hat der Gesetzgeber offenbar vollkommen vergessen: die Richter. Auch sie sollten bei jeder Klageschrift eigentlich überprüfen, ob die Parteien Mediation oder andere Formen der außergerichtlichen Konflikterledigung versucht oder in Betracht gezogen haben. Wenn sie merken, dass dies nciht der Fall ist, könnten die Richter die Parteien anregen, Mediation zunächst einmal zu versuchen. Hierzu gibt ihnen § 278 a ZPO die Handhabe. Leider steht nichts in der Gesetzesbegründung dazu, dass die Richter die in die Klageschrift aufzunehmenden Angaben zur Mediation auch wirklich überprüfen sollten und Konsequenzen aus den Angaben ziehen sollten.
Damit hat das Gesetz eines seiner Ziele, nämlich letztlich auch die Justiz zu entlasten, völlig verfehlt. Richter schauen gar nicht in die Klageschrift, ob eine Mediation oder eine andere Form der außergerichtlichen Streitbeilegung versucht worden ist und machen sich noch weniger Gedanken darüber, ob es nicht sinnvoll wäre, eine Mediation im konkreten Fall anzuregen. Statt dessen wird fleißig verhandelt, Beweise erhoben und Urteile geschrieben, die letztlich den Konflikt entscheiden aber nicht beilegen.
Was auch fehlt, ist eine wirkliche Unterrichtung der Richter darüber, was Mediation zu leisten im Stande ist. Auch das hält die Richter davon ab, Mediation zu empfehlen und ihnen fehlen auch die guten Argumente, den Parteien und ihren Anwälten Mediation schmackhaft zu machen.
Was bleibt, ist das Fazit, dass der Gesetzgeber hier einfach zu kurz gesprungen ist.