Wie man seine Verhandlungsposition schwächt oder besser nicht an Lösungen für morgen denken
Schaut man sich die Literatur über Verhandlungen an, insbesondere das Harvard-Konzept, so wird ein wichtiger Punkt an den Anfang gestellt. Die BATNA (Best Alternative to a Negotiated Agreement = Die beste Alternative). Je besser meine BATNA um so lockerer kann ich in die Verhandlung gehen. Wenn ich weiß, es gibt bereits drei Interessenten für mein altes Auto, dann kann ich befreiter mit dem vierten Interessenten verhandeln und wenn ich weiß, was mir der Personaler der Konkurrenzfirma als Gehalt bietet, werde ich bei den Gehaltsverhandlungen mehr auf die Tube drücken können.
Umgekehrt bin ich natürlich eher erpressbar, wenn ich keine oder nur wenige Alternativen habe, wenn es also keine BATNA oder nur eine in meinen Augen schlechte gibt. Dann werde ich, wenn mir das Verhandlungsergebnis wichtig ist oder „alternativlos“ jedes Angebot annehmen müssen oder die Verhandlung scheitert (ja ich kann noch ein wenig pokern).
Schaut man sich das Verhalten von Friedrich Merz und Markus Söder in den letzten Wochen an, so fragt man sich, was sie umtreibt, ihre BATNA für die unausweichlich auf sie nach dem 23.02. zukommenden Koalitionsverhandlungen so zu verkleinern. Zuvörderst Markus Söder, der eine Koalition mit Bündnis 90/ Die Grünen absolut ausschließt. Da mit der FDP eine Koalition nicht ausreicht, bleiben damit nur noch die Sozialdemokraten als mögliche Koalitionspartner.
Nur einen möglichen Koalitionspartner für die Koalitionsverhandlungen zu haben, stärkt nun nicht gerade die eigene Verhandlungsposition. Mit Brinkmanship (siehe mein Artikel hier), wie es Friedrich März mit seinem 5-Punkte Beschluss im Bundestag versucht hat, landet er allenfalls in den Armen der AfD. Er muss daher – am besten bereits vor der Wahl – seine „starker Mann-Allüren“ aufgeben, um überhaupt seine Bereitschaft zu Verhandlungen glaubhaft zu machen.
Und vor allem wird er, wenn er tatsächlich nicht mit der AfD ins Bett steigen will (oder kann), erpressbar. Die SPD hat natürlich eine sehr gute Ausgangsposition (BATNA), weil sie aufgrund ihrer aus heutiger Sicht erwartbaren fehlenden zahlenmäßigen Stärke nicht auf die Regierungsbank angewiesen ist. Sie hat daher schon einmal 2 Optionen: Regierungsbeteiligung oder Oppositionsbank. Man muss also seine Seele nicht verkaufen.
„Handle stets so, dass die Anzahl der Wahlmöglichkeiten größer wird!“ lautet ein Prinzip des österreichischen Physikers. Kybernetikers und Philosophen Heinz von Foerster. Gerade in oder vor Verhandlungssituationen sollte man dieses Prinzip anwenden. Merz hat genau das Gegenteil getan. Er handelt zusammen mit seinem CSU-Kollegen Söder so, dass die Anzahl der Wahlmöglichkeiten geringer wird. Um zu einem guten Verhandlungsergebnis zu gelangen heißt es daher kreative Lösungen zu suchen, mehrere Vorschläge zu unterbreiten und Flexibilität zu zeigen. März hat vor der Abstimmung über den Migrationsbeschluss ganz genau das Gegenteil getan, um dann zu jammern, dass SPD und Grüne ihn ja gezwungen hätten, den Beschluss nur mit Zustimmung der AfD durchzubringen.
Ich denke, wenn Friedrich Merz Bundeskanzler werden will und weiß, dass das nur in einer Koalition geht, sollte er ein Intensivseminar in kooperativer Verhandlung nach dem Harvard-Konzept nehmen (Harvard bietet ständig solche Lehrgänge an)!
Ein Gedanke zu „Wie man seine Verhandlungsposition schwächt oder besser nicht an Lösungen für morgen denken“
Friedrich Merz ist es zur Zeit nur daran gelegen, seine Chancen bei den Wählern zu stärken. Danach kommt für ihn ein neues Spiel.