Wie beruhige ich einen aufgebrachten Mandanten?
Ein schöner Artikel aus dem amerikanischen Blog „attorney at work“:
Sie kennen es: Sie wollen gerade Ihre Kanzlei verlassen, da klingelt das Telefon. Sie gehen dran, obwohl sie wissen dass Sie das jetzt nicht mehr tun sollten. Sie sollten das Telefonat auf den Anrufbeantworter gehen lassen, Ihren Laptop nehmen und nach Hause gehen.
„Was zum Teufel soll das?!“ sind die ersten Worte, die aus dem Telefon kommen. Es ist Ihr Mandant. Und zwar derjenige, für den Sie wie ein Pferd geschuftet haben, rund um die Uhr, für die letzten zwei Wochen. Er hat Ihre Rechnung erhalten und kocht! Was nun?
Erstmal durchatmen. Dann versuchen Sie nicht
- mit ihm zu diskutieren
- ihm sagen, dass jemand anderes einen Fehler gemacht hat
- ihn bitten, morgen wieder anzurufen
- das Telefon einfach aufzulegen
Manchmal arbeitet Ihre Erfahrung als Anwalt genau gegen Sie, wenn Sie so mit einem Mandanten konfrontiert sind (oder Ihrer Frau, Ihrer Sekretärin, einem Taxifahrer, einem Elektriker . . . . . ). Das ist keine Gelegenheit zum Gewinnen oder Verlieren. Sie können Erfolg erzielen, wenn Sie den Mandanten beruhigen und den Konflikt neutralisieren.
So, wenn Sie durchgeatmet haben, fragen Sie sich, was der Mandant will. Sie haben sich vorhin über Ihren Diensteanbieter geärgert. Was wollten Sie? Es ist eine oder mehrere Möglichkeiten von der üblichen Liste:
- Sie wollen, dass man Ihnen zuhört
- mit Respekt behandelt werden
- ernst genommen werden
- eine schnelle Antwort
- sicher sein, dass das nicht mehr vorkommt
- vermeiden, von irgendjemandem sonst in Ihrer Organisation getadelt zu werden
Forschungsergebnisse zeigen, dass der erste Eindruck zu 55 % auf visuellen Informationen (Körpersprache), 38 % auf der Stimme (Tonlage) und nur zu 7 % auf Worten beruht. Ein Experte schätzt sogar, dass bei einer telefonischen Kommunikation 82 % über die Stimme und 18 % über den Inhalt transportiert werden. Wenn Sie also Ihrem Mandanten antworten, ist es entscheidend, Ihre Stimme so zu modulieren, dass Sie problembewusst, geduldig und mitfühlend kommunizieren. Und wählen Sie Ihre Worte so, dass Sie rüberbringen, informiert und achtungsvoll sind. Es ist ein alter aber erprobter Trick, die Stimme ein wenig zu senken. Tiefere Stimmen werden als reifer und kontrollierter wahrgenommen.
Fast jeder hat sein inneres Kind, das sich zeigt, sobald wir wütend sind. Jeder, der schon einmal auf ein Kleinkind aufgepasst hat, weiß, dass es wichtig ist, ruhig zu bleiben. Menschen fühlen sich außer Kontrolle und unsicher, wenn sie in einem mittleren Wutanfall stecken. Wenn Sie Ihre Ruhe bewahren, können Sie die Situation kontrollieren und Sie beide zu einer guten Lösung führen und Ihr Mandant wird sich beruhigen.
Hier sind die grundlegenden Schritte:
- drücken Sie Ihr Mitgefühl aus (Ich kann nachfühlen, wie Sie das verärgert hat)
- versuchen Sie das Problem zu klaren (fragen Sie freundlich nach den Fakten)
- entschuldigen Sie sich (auch wenn Sie keinen Fehler gemacht haben)
- machen Sie klar, dass Sie helfen wollen
- hinterfragen Sie weitere Informationen
- wiederholen Sie sein Anliegen um sich zu versichern, dass Sie ihn verstanden haben (und so, dass er sich verstanden fühlt)
- zeigen Sie ihm, dass er Ihnen als Mandant lieb ist
- stellen Sie mögliche Lösungsoptionen dar und fragen Sie ihn, was er möchte, was Sie tun
- fassen Sie die Lösungsoptionen zusammen, denen Sie und er zustimmen
- beenden Sie das Telefonat freundlich
Wenn Sie bei der Sache geblieben sind und eine Lösung für das Thema gefunden haben, dann herzlichen Glückwunsch. Sie haben gewonnen!
2 Gedanken zu „Wie beruhige ich einen aufgebrachten Mandanten?“
Das sind ja alles in allem gut gemeinte Tipps. Aber selbst in diesem Beitrag scheint durch, dass Sie ihre eigene Abrechnung für überhöht halten. Wenn Sie mit dieser Haltung ein Gespräch über die Honorarhöhe führen, werden Sie bestenfalls Mitleid, nicht Verständnis ernten. Entlarvend ist der – meines Erachtens grundfalsche – Ratschlag, sich zu entschuldigen. Qui s’excuse s’accuse.
Die Sätze des RVG sind kein Versehen. Sie stellen bei nüchterner Betrachtung die unterste Schwelle des Werts der anwaltlichen Dienstleistung dar. Ich finde, man sollte diesen Umstand kommunzieren und sich nicht die gelegentlich zu Tage tretende Meinung zu eigen machen, wonach „nur mal eben eine Auskunft“ erteilt wurde. Wenn der Fragesteller die Auskunft für trivial hält, mag er doch selbst eine fast zehnjährige Ausbildung absolvieren oder auf sie verzichten.
Also, lieber Kollege: fassen Sie sich ein Herz und sagen Sie, was wahr ist: Ihr Mandant schuldet den Betrag, weil Ihre Leistung es wert ist. Und wenn er das nicht einsieht, beenden Sie das Gespräch durchaus auch unfreundlich. Ziel Ihrer Vorgehensweise ist es doch offensichtlich, den Mandanten dazu zu bewegen, freiwillig zu zahlen. Auch wenn das natürlich der Idealfall ist: die Durchsetzung Ihres Anspruchs kostet Sie alles in allem selten mehr als eine Stunde Arbeitszeit. Zum Termin vor dem Amtsgericht entsenden Sie dann Ihre Bürokraft – bei Landgerichts-würdigen Streitigkeiten lohnt sich der eigene Auftritt. Sie haben nach Ihrer Darstellung enormen Aufwand für das Mandat betrieben. Wenn der Auftraggeber in einem derartigen Fall nicht selbst das Licht sieht, sollten Sie wenigstens an der Rechtsverfolgung verdienen.
Seien Sie nicht so verzagt!
@Christion
Da mögen Sie inhaltlich durchaus recht haben. Trotzdem ist Ihr Mandant sauer, vielleicht auch , weil Sie es verabsäumt haben, am Beginn des Mandates das absolut notwendige Vergütungsgespräch zu führen.
Es geht nicht nur darum, dass der Mandant zahlt sondern nicht zuletzt darum, dass er Mandant bleibt und Sie weiterempfiehlt. Sie werden zwar (möglicherweise) den Prozess um Ihre Vergütung gewinnen, aber haben einen Mandanten verloren und – was noch schlimmer ist – Sie haben an negativer Propaganda gewonnen (bekanntermaßen werden negative Erfahrungen weit öfter kommuniziert als positive). Das kann nicht das Ziel sein.
Im übrigen war die Rechnung nur als Beispiel gewählt, um die Vorgehensweise exemplarisch zu erklären.