Wer hat angefangen?
Eine Frage, die gern von Lehrern gestellt wird, wenn sie zwei Schüler sich streiten sehen. Aber auch bei anderen Gelegenheiten wird gern die Frage gestellt (und nicht von Lehrern), wer angefangen hat. Zur völligen Überraschung kommt dann von beiden Beteiligten die Antwort, dass der jeweils andere angefangen hat.
Die Frage ist genauso sinnlos und kaum zu klären, wie die bekannte Frage nach der Henne und dem Ei. Zu einem Streit gehören immer zumindest zwei Personen und es ist in der Regel nicht auszumachen, wer angefangen hat. Insoweit sei den Fragestellern das dritte Axiom der Kommunikation von Paul Watzlawick ans Herz gelegt. Jeder der Beteiligten interpunktiert die Kommunikation so, dass immer der andere die Ursache gesetzt hat und er selbst nur reagiert hat.
Selbst wenn sich diese Frage beantworten ließe: Was nützt die Antwort. Was nützt das Wissen darüber, wer den Streit angefangen hat. Mit dieser Erkenntnis – so sie denn möglich wäre – ist man der Lösung des Konflikts keinen Schritt näher gekommen, es sei denn, sie bestrafen den „Anfänger“, wie es Lehrer gelegentlich tun. Aber das bedeutet nicht die Lösung des Konflikts – im Gegenteil, der Konflikt zwischen den Beteiligten wird weiter schwelen und es kommt allenfalls zu einem neuen Konflikt zwischen dem Bestraften und dem Strafenden.
Wenn die Frage nach dem Anfang dann noch mit der Frage nach dem Warum gekrönt wird, sind wir von der Lösung des Konflikts noch weiter entfernt. Die Frage nach dem Warum bezieht sich immer auf die Vergangenheit. In der Vergangenheit lässt sich der Konflikt nicht lösen. Ein Streit lässt sich nur für die Zukunft lösen und da ist es völlig irrelevant, wer angeblich angefangen hat und warum. Es geht vielmehr darum, die jeweiligen auf die Zukunft gerichteten Interessen und Wünsche der Beteiligten herauszufinden. Nur damit kann man Lösungen für die Zukunft entwickeln.
Überlegen Sie mal, wie oft Sie schon danach gefragt haben, wer angefangen hat und warum? Wie oft haben Sie so einen Konflikt lösen können?