Welchen Stundensatz muss ein Rechtsanwalt berechnen, um auf ein Richtergehalt zu kommen?
Die Gebührenvorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) sind als Grundlage für eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Kalkulation völlig ungeeignet, da sie vom tatsächlichen Aufwand eines Mandats völlig losgelöst sind. Zudem beruht das System des RVG (zumindest im Zivilprozess) auf einer Mischkalkulation, die nur dann stimmt, wenn die Mischung aus Mandaten mit niedrigen und höheren Streitwerten stimmt, da der Ertrag aus Verfahren mit geringem Streitwert nicht kostendeckend ist. Laut Statistik beträgt der durchschnittliche Streitwert eines amtsgerichtlichen Zivilprozesses gerade einmal 1.023 €. Der Anwalt erzielt hieraus netto gerade einmal 232,50 €, gleich ob er hiermit ½ Stunde oder 5 Stunden beschäftigt war.
Zumindest für eine Nachkalkulation, aber auch für den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung bedarf es daher eines betriebswirtschaftlich korrekt ermittelten Stundensatzes.
Erster Schritt hierfür ist die Ermittlung der gesamten Kanzleikosten. Diese sind sicherlich für jede Kanzlei individuell anders. Eine Kanzlei in der Innenstadt Münchens muss sicherlich höhere Mietkosten kalkulieren, als eine Kanzlei in einer ländlichen Kleinstadt. Mit den Personalkosten dürfte es sich ähnlich verhalten.
Zweiter Aspekt für die Ermittlung eines Stundensatzes ist der kalkulatorische Unternehmergewinn. Hier ist der Fantasie keine Grenze gesetzt (außer, dass man sich aus dem Markt kalkuliert). Welcher Maßstab ist hier der richtige? Bereits 1982 wurde im Anwaltsblatt einmal ein Stundensatz anhand des Einkommens eines Richters ermittelt, ein Ansatz, der durchaus reizvoll ist. Der Reiz dieses Ansatzes liegt vor allem in der guten Vermittelbarkeit gegenüber dem Mandanten. Warum sollte ein Rechtsanwalt weniger verdienen als ein Richter?
Das Bruttoeinkommen eines Richters bewegt sich zwischen 3.350 € (R1, 27 Jahre, ledig) und 6.200 € (R2 Endstufe, verheiratet, 2 Kinder). Ich habe für meine Berechnungen die Richterbesoldung R2, 45 Jahre, verheiratet, 2 Kinder, zugrunde gelegt. Das Einkommen beläuft sich hier (im Bund) auf ca. 5.800 € brutto einschließlich aller Zulagen und Sonderzahlungen.
Da die Richter als Beamte einen Pensionsanspruch haben und Anspruch auf Beihilfe, während der Anwalt hierfür selbst Geld investieren muss, muss zu dem Bruttoeinkommen entsprechende Beträge hinzuzurechnen. Addiert man zu dem Brutto die Beitragssätze für die Rentenversicherung und zumindest die hälftigen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung hinzu, kommt man zu einem Betrag von gerundet 1.600 € monatlich.
Ein Richter hat 30 Tage Urlaub, die bezahlt werden. Der Anwalt hat während des Urlaubs Einkommensausfälle. Berechnet man den Geldwert des Urlaubs, so ist dem monatlichen Brutto ein weiterer Betrag von ca. 900 € hinzuzurechnen. Ebenso erhält der Richter seine Besoldung im Fall einer Erkrankung weiter, anders als der Anwalt. Bei einem Krankenstand von jährlich 5 Arbeitstagen ist der kalkulatorische Gewinn des Anwalts um weitere 150 € zu erhöhen.
Da der Anwalt als selbständiger Freiberufler das volle wirtschaftliche Risiko trägt, müsste noch ein Risikozuschlag kalkuliert werden, ebenso eine Honorarausfallquote und eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals. Nimmt man dies alles mit 20 % an, so errechnet sich letztlich ein Betrag von ca. 10.100 €, der der Kalkulation als Unternehmergewinn zugrunde zu legen ist.
Um letztlich über das gleiche Einkommen wie ein Richter zu verfügen, muss daher ein Rechtsanwalt einen Jahresgewinn von 121.200 € erzielen. Je nach Höhe der jährlichen Kosten muss daher ein Rechtsanwalt im Jahr günstigstenfalls mehr als 180.000 € einnehmen.
Um einen Stundensatz zu ermitteln, muss dieser Betrag nun auf die abrechenbaren Stunden umgelegt werden. Um nicht Äpfel mit Bananen zu vergleichen, muss daher von der Arbeitszeit eines Richters mit 41 Wochenstunden ausgegangen werden. Da allerdings ein Anwalt in dieser Zeit nicht nur an Mandaten arbeitet sondern auch mit Kanzleiorganisation, Akquise und Fortbildung beschäftigt ist, Tätigkeiten, die nicht vergütet werden, kann mehr als täglich 5 Stunden abrechenbare Tätigkeit nicht kalkuliert werden.
So errechnet sich ein Stundensatz von mindestens 160,00 € pro Stunde, der je nach Kostensatz, Quote abrechenbarer Stunden etc. ganz erheblich variieren kann. Von diesem Satz sind viele Anwälte, vor allem, wenn man von einem 10- bis 12-Stunden-Tag mit Wochenendarbeit ausgeht, weit entfernt. Auch zeigt sich, dass das Modell des Discount-Anwalts mit Dumpingpreisen nicht rechnet. Ein durchschnittliches zivilprozessuales amtsgerichtliches Mandat rechnet sich daher mit Sicherheit nicht.
Es wird daher aber auch Zeit, dass die Vergütungstabelle, die bekanntlich aus dem Jahr 1994 stammt und gerade einmal durch die Euro-Umstellung 1 zu 2 umgerechnet wurde, den Realitäten angepasst wird. Es liegt nicht nur an der Zunahme der zugelassenen Rechtsanwälte, dass das Realeinkommen der Anwaltschaft seit Jahren sinkt und vielleicht sollten sich die Standesvertreter der Rechtsanwälte einmal ein Beispiel an den Kollegen der Ärztevertretungen nehmen, die bei einer Steigerung von 13 % in diesem Jahr immer noch jammern, dass das viel zu wenig sei. Wie würden sich die Anwälte über eine Anhebung von 13 % freuen.
25 Gedanken zu „Welchen Stundensatz muss ein Rechtsanwalt berechnen, um auf ein Richtergehalt zu kommen?“
Ein Anwalt, der nicht gut genug rechnen kann, um zu merken, dass sich streitwertabhängige Vergütungen durch die Inflation von selbst erhöhen, sollte vielleicht auch nicht unbedingt Freiberufler werden. Natürlich darf man hier nur den Degressionseffekt einsetzen.
Und 5 billable hours am Tag ist vielleicht einfach auch etwas wenig.
Mm nun ja – im gleichen Umfang erhöhen sich schließlich durch die Inflation auch die Kosten pro Stunde, und das linear. Und da die Gebühren eben nicht linear ansteigen, sondern degressiv… Und ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen – wenn Sie mehr als 5 _billable hours_ am Tag in einer durchschnittlichen deutschen Kanzlei produzieren können, dann würde ich das gerne sehen.
Sicherlich erhöhen sich Streitwerte durch die Inflation. Dies macht sich aber erst dann bemerkbar, wenn die Grenze zur nächsten Gebührenstufe überschritten wird. Bei dem durchschnittlichen Streitwert eines Verfahrens beim Amtsgericht war der Gebührensprung bei einem Streitwert von 900 € und der nächste bei 1.200 €. Wir brauchen daher noch eine Inflation von fast 18 % um tatsächlich einen Ausgleich zu erhalten. Demnach stimmt das Inflationsargument nicht (immer).
Sicher sind 5 billable hours pro Tag nicht viel. Es wurde aber nur ein 8-Stunden-Tag unterstellt. Der persönliche Satz der abrechenbaren Stunden ist auch bei Einzelanwälten oder Sozietäten unterschiedlich. Das muss jeder für sich selbst ermitteln. Zu berücksichtigen sind hier auch die Zeiten der Fortbildung und des aus Haftungsgründen zu empfehlenden Lesens von juristischen Fachzeitschriften (zumindest der NJW).
Nee, schon klar.
Das scheint mir doch eine leicht zielführende Berechnung zu sein. Vor allem, dass nach ihrer Auffassung das RVG jedem Anwalt das Gehalt eines R2 Richters zubilligen wollen finde ich recht drollig.
Bekanntlich haben nur die wenigsten Anwälte ausreichende Examina, um überhaupt Richter zu werden. Und von den Richtern werden nur die wenigsten Direktoren eines Amtsgerichts oder Vorsitzende einer Kammer am Landgericht, schon gar nicht am Anfang ihrer Karriere. Das RVG gilt bekanntlich auch für Junganwälte.
Lustig ist auch, dass Sie in 30 Tagen Urlaub 10.800,00 € verdienden wollen, mehr also als im Normalalltag. Die 20 % schlagen sie ja erst später drauf.
Aber der Punkt ist eigentlich der folgende: Wenn Sie als Anwalt soviel verdienen wollen wie die besten 10 % der Richter, dürfen Sie nicht nach RVG abrechnen. Da müssen Sie schon Mandate generieren, die entsprechende Stundensätze abwerfen. Das ist sicherlich nicht einfach. Vorsitzender Richter am LG zu werden aber auch nicht.
@Dante
Auch wenn ich die Berechnung für R1 vornehme, ändert sich der Stundensatz nicht extrem. Selbstverständlich muss jeder Anwalt diese Berechnung für sich individuell vornehmen, da auch die Kosten zu individuell sind. Klar kann ein Berufsanfänger nicht erwarten, das Einkommen eines vorsitzenden Richters am Landgericht zu bekommen.
Was den Urlaub anbelangt, so sind 30 Arbeitstage 6 Wochen Urlaub, Daher ist der genannte Betrag richtig (zudem laufen beim Anwalt die fixen Kosten weiter, so dass eigentlich ein höherer Betrag einzurechnen wäre).
Letztlich muss jeder für sich eine Berechnung aufmachen. Man kann sich auch mit zu hohen Stundensätzen aus dem Markt kalkulieren. Letztlich dürfte aber klar sein, dass die meisten Anwälte weit von einem Richtereinkommen entfernt sind, obwohl sie ein erhebliches Risiko tragen (einer der Gründe, warum manch einer lieber Richter geworden ist).
Zum Thema:….Über Geld redet man nicht: Stundenhonorar eines Rechtsanwaltes……..
@Dante,
stellen Sie sich bitte einmal die Frage, ob hier tatsächlich das Unternehmen angegangen wurde, Anwälte sollten soviel verdienen, wie das beste 10 Prozent der Richter. Die Antwort ist auf der Hand liegend: Nein.
Es wurde der Frage nachgegangen, wieviel ein Anwalt pro Stunde verdienen müsste. Dazu wurde ein Rechenmodell als Anhalt aufgestellt.
Das alles geht aber – colorandi causa – auch anders:
Wieviel müsste ein Richter an Stunden arbeiten, wenn er unter denselben Bedingungen wie Anwälte ein R2 Gehalt einbringen sollte? Das weißt auf das Problem hin: Richter müssen nicht akquirieren. Richter müssen nicht die Höhe des eigenen Arbeitsaufwand ins Verhältnis zu dessen Nutzen setzen und somit nicht „quer“ kalkulieren.
Sodann ist der Verweis darauf, man müsse dann auch dem Stundensatz entsprechende Mandate generieren, wenig tragfähig.
Dazu nur eine kurze Begründung: Es geht nicht um Anwälte, sondern um Rechtsanwälte. Letztere sind diejenige, welche manchmal für einen Stundesatz von 1,5 € tun, was getan werden muss.
Also ich bin R1 Richter und von 5.800,00 € brutto kann ich derzeit nur träumen. Und die Wahrscheinlichkeit. Da können Sie eher noch 2.500,00 € abziehen. Insofern erscheint es mir die Aussage, dass eine Berechnung auf R1-Basis keinen wesentlichen Unterschied machen soll, sehr verwunderlich.
Gut, da spielt auch eine Rolle, dass man mit 34 nicht Vorsitzender Richter sein kann, aber auch das unterschlägt die Vergleichsberechnung.
Im Prinzip werden hier (unzulässigerweise) zwei völlig verschiedene Besoldungssysteme verglichen.
Der Richter gehört schon aufgrund der Einstellungsvoraussetzungen zu den Juristen mit besseren Qualifikation und verdient daher auch mehr als der Durchschnitt der Anwälte. Er hat weitgehende Jobsicherheit. Dafür verzichtet er aber auch auf die Möglichkeit, jemals ein richtig gutes Gehalt zu erzielen.
Der Anwalt begibt sich in die weitgehend freie Marktwirtschaft und muss für seinen wirtschaftlichen Erfolg mehr kämpfen. Das tut er entweder weil er als Freiberufler bessere Verdienstmöglichkeiten sieht und das so will, oder weil er die Examina für einen sicheren Job nicht hat. Wie heißt es so zynisch: „Die besten Juristen werden Anwälte… und alle anderen auch!“
Die Leute, welche die Qualifikationen haben, um Richter zu werden, haben auch kein Problem, mehr zu verdienen als in den R-Tabellen vorgesehen. Ein Examenskollege von mir verdient mit Anfang 30 160.000 € pro Jahr.
Im Übrigen krankt die Berechnung auch noch an einem anderen Punkt: Wer mit 45 immer noch als Einzelanwalt rumwurschtelt und keine Partner hat, die helfen Kosten zu sparen, oder angestellte Anwälte, die Gewinn generieren, hat ohnehin etwas falsch gemacht.
Als Freiberufler ist man nunmal Unternehmer. Wer das nicht akzeptieren will und sehnsüchtig auf das sichere und sicher auch nicht geringe Gehalt der Richter schaut, hat den falschen Beruf gewählt.
Im Übrigen dürfte Deutschland eines der wenigen Länder sein, wo man überhaupt auf die Idee kommt, Anwälte sollte nicht weniger verdienen als Richter.
@Dante
Welchen Maßstab für das (kalkulatorische) Einkommen eines Anwalts würden Sie denn für angemessen halten. Ist eine (manchmal) vom Zufall bestimmte Examensnote, die letztlich über eine Einstellung bei der Justiz entscheidet, ein Maßstab für das Einkommen. Ein guter Anwalt muss weit mehr können als nur ein guter Jurist zu sein (die sind manchmal die schlechteren Anwälte).
Es ist für die Frage des Stundensatzes nicht unbedingt entscheidend, ob ich als Einzelanwalt oder in einer Sozietät tätig bin. Hier ändert sich allenfalls etwas an den Kosten und eventuell an den abrechenbaren Stunden.
ein Anwalt braucht aber auch kein Prädikatsexamen 😉
Die Berechnung ist sehr, sehr grob. Es fehlen bspw.:
– Betriebsausgaben (insb. Personal),
– Steuervor- und Nachteile (Stichwort: Dienstwagen),
– unterschiedliche Sozialabgaben (Beihilfe vs. Vollversorgung),
– Einkommensausfall durch Krankheit.
Wie andere auch schon angemerkt haben, ist ein R2-Richter mit zwei Kindern und 45 Jahren keine gute Vergleichsgrundlage. Wenn Sie einen Amtsgerichts-Anwalt mit durchschnittlichen Fällen mit einem Richter vergleichen wollen, dann nehmen Sie doch bitte lieber auch einen „einfachen“ Amtsrichter als Vergleichsbasis – und „verheiratet, 2 Kinder“ ist auch nicht gottgegeben.
Der hat, wie hier häufig angeführt wurde, Noten (ob nun gerecht oder nicht), mit denen er eher nicht als Feld-Wald-und-Wiesen-Einzelanwalt antreten würde, und insofern hinkt der Vergleich schon mächtig.
„Welchen Maßstab für das (kalkulatorische) Einkommen eines Anwalts würden Sie denn für angemessen halten?“
Ich denke es kommt, wie sie schon sagen, immer auf den Einzelfall an.
Letztlich kann es schon sinnvoll sein, sich am Gehalt eines Richters zu orientieren. Wer sich mit einem R2 Richter, 45 Jahre, 2 Kinder vergleicht, sollte es aber schon zu einem Partner in einer gutgehenden mittelständischen Kanzlei gebracht haben. Ich kenne einen ehemaligen Verwaltungsrichter, der nach 25 Jahren Richtertätigkeit als Partner in einer solchen Kanzlei Anwalt geworden ist, weil er keine Lust mehr hatte, sich beim Mittagessen in erster Linie über die Pensionierung zu unterhalten. Natürlich nimmt der Stundensätze, die bei 160,00 € allenfalls anfangen und lehnt unattraktive Mandate auch mal ab. Weil er als absoluter Fachmann entsprechend gefragt ist, kann er sich das leisten.
Wer allerdings Feld-, Wald- und Wiesenanwalt in einer Einzelkanzlei ist, sollte sich vielleicht gar nicht an Richtergehältern orientieren. Realistischer erscheint mir da das Gehaltsniveau eines Handwerksmeisters mit 1-2 Angestellten als Vergleich (wenn man denn vergleichen muss) oder eines sonstigen Kleinunternehmers.
Rückschlüsse auf die Angemessenheit der RVG-Vergütung lassen beide Fälle meines Erachtens nicht zu.
Erst recht erscheint mir die generelle Gleichsetzung „Warum soll ein Anwalt weniger verdienen als ein Richter?“ nicht zielführend oder angemessen.
Offensichtlich haben Sie vollkommen falsche Vorstellungen über das Einkommen eines deutschen Richters.
1) Als R1-Richter verdiene ich derzeit 3.450,04 Euro brutto pro Monat. Die vom Dienstherrn vorgegebene Arbeitszeit beträgt 41 Std./Woche. Rechnerisch ergibt dies unter Außerachtlassung von Urlaub einen Stundenlohn von 19,42 Euro brutto.
De facto arbeite ich aufgrund der erheblichen Überlastung durchschnittlich 50 Std. pro Woche, nur um den Bestand einigermaßen im Griff zu halten und zum Wohle der Parteien die Terminierungszeiten nicht ausufern zu lassen. Diese Mehrarbeit wird natürlich nicht bezahlt. Der Stundenlohn beträgt dementsprechend tatsächlich nur 15,92 Euro brutto pro Stunde. Wenn Sie den Stundenlohn um die Urlaubszeiten bereinigen, wäre er ca. 2-3 Euro höher.
2) Die allermeisten Richter sind Richter der Besoldungsgruppe R1. Einen R2-Richter als Vergleichsmaßstab zu nehmen, liegt daher vollkommen daneben. Sie haben doch schließlich auch keinen Partner einer Großkanzlei auf Anwaltsseite genommen, die ein Jahreseinkommen im obereren sechsstelligen oder im siebenstelligen Bereich haben.
3) Wenn sie meinen, dass der durchschnittliche Streitwert eines amtsgerichtlichen Zivilprozesses gerade einmal 1.023 € beträgt, liegt dies wahrscheinlich daran, dass die Amtsgerichte i.d.R. bei Streitwerten über 5000,- Euro nicht mehr zuständig sind.
Aber welche Anwalt führt nur Prozesse vor dem Amtsgericht ? Es gibt noch die Fachgerichtsbarkeiten, Landgerichte, Oberlandesgerichte etc., bei denen die Streitwerte deutlich höher sind. Wenn man sich natürlich auf amtsgerichtliche Fälle mit kleinen Streitwerten spezialisiert hat, muss man eben mehr arbeiten für’s Geld.
4) Auch Richter müssen Beiträge an eine private Kranken- und Pflegeversicherung zahlen, da die Beihilfe maximal nur die hälftigen Krankenheitskosten trägt. Diese Kosten müssten dann natürlich auch vom Einkommen abgezogen werden.
5) Die unterschiedlichen fachlichen Qualfikationen und Anforderungen wurden ja bereits von meinen Vorrednern angesprochen. Nur weit überdurchschnittliche Juristen haben überhaupt die Chance, als Richter eingestellt zu werden. Und diese Wenigen sind auch auf dem Anwaltsmarkt sehr gefragt und erzielen ohne Weiteres Einstiegsgehälter ab 80.000 Euro p.a. aufwärts, je nach Kanzleigröße.
Vielleicht sollten Sie Ihre Rechnung noch einmal überprüfen.
Klappern gehört zwar zum Handwerk, aber übertreiben sollte man es nicht.
Im Übrigen möchte ich anmerken, dass ich einige Rechtsanwälte kenne, die allein über die PKH-Vergütung an meinem kleinen erstinstanzlichen Gericht im Monat mehr verdienen als ich im gesamten Jahr.
Um keine Mißverstandnisse aufkommen zu lassen: Vor meiner Richterzeit war ich auch kurze Zeit als Rechtsanwalt tätig und habe dabei deutlich mehr verdient als jetzt. Nur die Tätigkeit als Richter macht einfach mehr Spass. 🙂
…ja haben denn hier nur Richter und Angestellte von angelsächsischen Unternehmen geantwortet?
Ich finde den Artikel super! Und ja Rechtsanwälte sollten so verdienen wie Richter! Es kann nicht sein, dass wir mal Organ der Rechtspflege sein sollen und mal irgendwelche Deppen die zu blöd für ein gutes Examen waren.
Wären Anwälte nicht so stolz (fragt sich wie lange noch) wären sie schon längst auf der Straße.
Ohne uns läuft der ganze Laden doch gar nicht…..
@Dante: „Der Richter gehört schon aufgrund der Einstellungsvoraussetzungen zu den Juristen mit besseren Qualifikation und verdient daher auch mehr als der Durchschnitt der Anwälte.“
Ein unglaubliches Maß an stumpfsinniger Arroganz. Sie haben bessere Qualifikationen? Wodurch? Durch Examensnoten? Wofür? Für das Leben?
Nein, Sie haben sich aufgrund des Glückes, besser durchs Examen gerutscht zu sein als viele andere, die juristisch besser und deutlich lebensfähiger sind als Sie, für den bequemeren und risikoloseren Weg entschieden.
Komisch Herr Siebers,
ich kenne Sie nicht. Woher wissen Sie wie ich durchs Examen gekommen bin?
Entschuldigen Sie bitte, dass ich mit meinen Qualifikationen (nicht nur Examensnoten) auf dem Arbeitsmarkt bessere Chancen hatte, als der Durchschnitt meiner Referendarskollegen.
Aber ich bin beeindruckt, dass Sie aufgrund von einer Hand voll nicht-juristischer Forenkommentare meine juristischen Kenntnisse berurteilen können. Und sogar meine „Lebensfähigkeit“, was immer das sein mag.
Es gehört schon einiges Chuzpe dazu, auf diese Weise jemanden Arroganz vorzuwerfen. Die Ansichten scheinen Sie ja tief zu treffen. Vielleicht sollten Sie darüber mal nachdenken.
Ich verstehe die Agression im Forum nicht. Die Frage: was müsste ein Anwalt pro Stunde verdienen, um…. impliziert nicht die Forderung, dass dies jeder Anwalt um der Gerechtigkeit halber muss. Es ist ein Rechenmodell, das die eigene Sicht der Dinge der Überprüfung anheim stellt.
In der Tat basieren Einkommen nicht auf Gerechtigkeit, sondern auf fachlicher und sozialer Qualifikation (Akquise!) und sehr viel Glück. Es gibt sicher Richter, die nur Glück im Examen hatten und Anwälte, die etwas falsch machen, wenn sie einen gewissen Status nicht erreichen. Zur Pauschalisierung taugt dies aber nicht. Ich selbst hatte Glück im Examen und als Schwerbehinderter hätte ich jede Stelle haben können. Trotzdem habe ich nichts falsch gemacht, eine kleine Anwaltskanzlei zu führen.
Geld ist nicht alles, haben darüber alle schon mal nachgedacht?
Mein Mitleid mit den Rechtsanwälten hält sich in Grenzen. Ich bin zwar auch Anwalt, aber Patentanwalt. Das umfasst ein komplettes naturwissenschaftliches Studium, eine mehrjährige Promotion, eine knapp dreijährige Patentanwaltsausbildung mit einem Fernstudium und eine zusätzliche aufwendige Prüfung als „Europäischer Patentanwalt“. Ich bin seit 4 Jahren niedergelassen und komme auf einen monatlichen Umsatz von durchschnittlich 1500 EUR. Umsatz, wie gesagt, nicht Brutto- und nicht Nettoverdienst. Ein Büro kann ich mir nicht leisten, ich muss in einem Zimmer in meiner Wohnung arbeiten. Vom Tippen von Schriftsätzen bis zur Aktenanlage muss ich alle Arbeiten selbst und alleine erledigen, an eine Angestellte ist nicht zu denken. Einen teures Kopiergerät kann ich mir nicht leisten.
Das wäre alles nicht so schlimm, peinlich wird es manchmal beim Mandantenkontakt, wenn entsprechende Bemerkungen über das „Büro“ gemacht werden.
Einen Rechtsanwalt dem es ähnlich schlecht geht wie mir, habe ich noch nicht getroffen.
Soviel zur „Gerechtigkeit“.
@ Berger:
Woran scheitert die Anstellung in einer Sozietät?
Ich bins hilsarbeite aus Italie und kann nichts verstehe, warum ihrs euchs beschwerts. Bin ichs schlechteres Mensch als Ihrs oder verdients eine mal meer wie ich wege berufe?
Ich bins fachchemicant und mach galvanisiere und war schon Lkw fahre. Und habs ich mich beschwert – euch gehts gut man. also beschwerts euch ned wenns ihr alles in de hintern geschobe bekommt. die meiste von euch habe dicke bäuche, ich auch, abwer ich habs mirs selber verdient in fabrik.
Also stellt euchs ned so an wenn ihrs nichts zu meckere habt!!
sehr schön zu sehen welche unterschiedlichen Ansichten unter den Juristen zu finden sind… und ja ein gutes Examen hat etwas mit Glück zu tun aber nicht nur… es gibt durchaus Juristen , die kommen auch mit Glück nur ins befriedigend … od diese nun die Schlechteren sind sei dahin gestellt… die Bemerkung weiter oben „… nur ein Wald und Wiesenanwalt…“ finde ich allerdings sehr bedenklich… woher kommt eine solche Arroganz ??… fraglich ist doch, ob dieser Anwalt die Interessen seiner Mandantschaft so gut es geht zu vertreten mag… wenn er dies macht, ist er genauso geeignet ein höheres Einkommen zu erzielen…
bin selber auch Anwalt und kann einiges hier nicht verstehen… mir ist es ziemlich egal ob wieviel andere Juristen verdienen… und wenn ich als Wald und Wiesen Anwalt ordentliches Geld ohne den Stress in einer Großkanzlei verdienen kann, mach ich auch das… selbst Richter könnte ich mir vorstellen, obwohl ich glaube, dass sich hier eventuell so eine Beamtenmentalität einstellen könnte… diese hat mich im Referendariat teilweise sehr erschrocken … die geehrten Richter mögen bitte von Ihrem hohen Roß herabsteigen und die werten Kollegen vielleicht etwas toleranter sein…
Es scheint mir tatsächlich recht abenteuerlich, als freiberuflicher Rechtsanwalt einen „Anspruch“ auf das Gehalt eines Richters anzumelden… Als Ansporn kann man es natürlich nehmen, oder als Ziel.
Anders als viele andere Berufsgruppen haben Anwälte ja eine Vergütungstabelle, die „Lohndumping“ verhindert, also sind in diesem Sinne keinen so harten Wettbewerb wie andere Gewerbe und Berufe, die nicht mal einen Minimal-Mindestlohn haben… Wir brauchen allgemein eine Annäherung der Gehälter, damit unsere Gesellschaft nicht auseinanderfällt – vielleicht mal mitbedenken!
1999? Bei solchen Zahlen wird mir als Rechtsanwalt schwindelig.
<>
Ist das belegt? In den mir vertrauten Ländern, selbst dort wo er nicht im Namen des Volkes Recht spricht, erhält der Richter ein geringes Gehalt, dafür einen Aufschlag an gesellschaftlicher Anerkennung. Um Richter zu werden, muss er sich allerdings auch als herausragender Rechtsanwalt bewiesen haben. Der Anwalt verdient durchweg viel mehr. Das dürfte in die meisten Ländern gelten, in denen die Berufung ins Richteramt nachprüfbare Lebenserfahrung, nicht Punkte voraussetzt.
Interessant.
Ich bin seit 1 1/2 Jahren Rechtsanwalt, habe mich bewusst sowohl gegen eine Richter- als auch gegen eine Großkanzleistelle entschieden (1. Ex.: 10 P., 2. Ex.: gut, Schwerpunkt: Gesellschaftsrecht).
Eine Großkanzlei hat mir (bin schon Mitte 30 wg. Doppelstudium BWL…) ein Einstiegsgehalt von 145k geboten mit Aussicht auf Partnerschaft nach 3,5 Jahren, wenn alles optimal läuft.
Nun kämpfe ich mich als Einzelanwalt (noch keine Angestellten) durch. Umsatz z.Zt. etwa 6k im Monat, da kaum Kosten etwa 5k Gewinn vor Steuern und Versicherungen. In den ersten sechs Monaten waren es eher 1k pro Monat.
Soviel zur Einordnung meiner Situation.
Nun mein Statement zur Diskussion:
Ich finde Richter eher unter-, keinesfalls aber überbezahlt. Der Job ist sicher von der Belastung her deutlich einfacher zu wuppen als eine Anstellung in der Großkanzlei, und die Tätigkeit macht sicher vielen (jungen) Richtern auch viel Freude. Dennoch finde ich, dass Richter aufgrund ihrer wirklich herausragend wichtigen Stellung im Rechtssystem und überhaupt im Rahmen der Gewaltenteilung sehr gut entlohnt werden sollten, um einen genügenden Anreiz zu schaffen, (weiterhin) gute Juristen anzulocken.
Zum Thema Examensnote –> Verdienst:
hier habe ich natürlich leicht reden. Ich bin aber überzeugt, dass das Kriterium in einer Richtung funktioniert: ich kenne niemanden, der zu Unrecht ein gutes Examen hat. Umgekehrt gibt es leider immer mal wieder Fälle von guten Juristen, die Pech haben und in Folge dessen ein eigentlich verdientes Prädikatsexamen nicht schaffen.
Auffällig ist allerdings, dass die große Mehrheit aller Nicht-VBler der Meinung ist, die Note sei kein geeignetes Differenzierungskriterium… 😉
Ich halte die Note (in allen Fächern) für ein sehr geeignetes Maß der Qualifikation, allerdings halte ich die resultierenden Gehaltsunterschiede für angestellte Anwälte im zu beobachtenden Maße nicht für angemessen. Eine so ausgeprägte Einkommensabhängigkeit ist auch in keinem anderen Fachgebiet üblch.
Was allgemein die Vergütung der Anwälte angeht, so finde ich, dass das RVG aktuell ganz ordentlich ist. Und wie hier schon richtig angemerkt wurde, steht ja jedem auch die Vereinbarung von Stundensätzen frei. Ich rechne bspw. meist nach RVG ab, habe aber einen (leider viel zu selten aufkreuzenden…) Mandanten, den ich überzeugt habe, dass ich das alles besser kann als seine Ex-Großkanzlei, und bei dem nehme ich 300 EUR/h…
Die Herleitung eines RA-Stundensatzes im Artikel finde ich – wenn man sie so versteht, wie der Artikel eigentlich nahe legt – sehr gut. Natürlich ist nicht an jeder Stelle sauber gerechnet. Auch über R2 kann man sich sicherlich streiten, ich würde auch eher für R1, was ceteris paribus vielleicht 1.600 EUR Unterschied ausmachen dürfte, plädieren.
Als Ansatz finde ich ich den Artikel aber sehr wertvoll. Viele meiner Referendarskollegen haben nämlich nicht die geringste Vorstellung davon, wie wenig von den vermeintlich hohen Sätzen übrig bleibt. In der Folge trauen sie sich Mandanten gegenüber häufig nicht, Stundensätze jenseits von 50 EUR oder 70 EUR aufzurufen, weil sie fürchten, das könne im Mandantenohr unverschämt ankommen.
Wer so arbeitet, tut es jedoch nicht kostendeckend, und insofern habe ich den Artikel, auf den ich erst heute (nach 3 Jahren…) gestoßen bin, bereits an mehrere Kollegen als Argumentationshilfe für das eigene Gewissen gesendet.
Nichtsdestotrotz bin ich nicht der Meinung, dass jeder Anwalt so viel verdienen sollte wie ein Richter. Denn zwischen beiden gibt es einfach meiner Meinung nach auf Ebene der Wichtigkeit und der Ersetzbarkeit große Unterschiede.
Auch fnde ich verstörend, dass in Großkanzleien inzwischen ein Einstiegsgehalt üblich ist, das über demjenigen von 60-Jährigen Bundesverfassungsrichtern liegt… das steht m.E. in keinem Verhältnis zueinander, allerdings würde ich das Problem, wie gesagt, eher durch Anhebung auf Richterseite lösen…
LG
RA-Berlin
Ein interessanter Beitrag. Da klinke ich mich als einer der „Besserverdiener“ aus der Richterschaft doch gern mit ein paar (teils subjektiven) Ideen ein.
I.
Der Vergleich mit der Besoldungsstufe R2 hinkt – gewaltig. Das Gros der Kollegen erreicht dieses Beförderungsamt nicht (nicht, weil alle so schlecht wären – es gibt einfach nicht so viele R2-Stellen). Und selbst diejenigen Kollegen, die es erreichen, erreichen es in der Regel erst nach ca. 12-14 Jahren Berufszugehörigkeit (variiert im Einzelfall). Für den Lebenserwerbsdurchschnitt sollte man daher hier in jedem Fall das Gehalt nach unten korrigieren.
Das Argument relativiert sich aber, wenn man sich bewusst macht, dass der Unterschied zwischen R1 und R2 in aller Regel „nur“ 500-700 EUR im Monat ausmacht. (Ich kann nur für Bayern sprechen, die anderen Besoldungstabellen werden aber ähnlich aussehen.)
II.
Zum Thema Qualifikation möchte ich behutsam argumentieren. Nicht jeder, der Anwalt ist, hätte Richter werden können. Aber jeder, der Richter ist, hätte Anwalt werden können.
Die Justiz stellt neue Kollegen stark notenabhängig ein. Das vielgebrachte Argument, dass dabei fähige Personen auf der Strecke bleiben, weil sie „Pech“ im Examen hatten, möchte ich sogar zum Teil anerkennen. Ich kenne einige Juristen, die ich für sehr fähig halte, die aber in Prüfungssituationen schlecht abschneiden. Das kann ja vielfältigste Gründe haben. Gleichwohl darf man wohl sagen, dass – in der Regel – ein gutes Examen nicht einfach vom Himmel fällt, weil man einen (lies: acht, bzw. elf!) gute Tage hat (in Bayern bestand zu meiner Zeit das erste Examen aus 8, das zweite aus 11 Klausuren) – und dann haben wir von der mündlichen Prüfung noch nicht gesprochen.
Jetzt kann man meckern, wieso die Justiz keine anderen Einstellungskriterien heranzieht, als die Examensnoten. Aber Obacht: Der Staat (bzw. in diesem Fall das Land) als Arbeitgeber (und Richter und Staatsanwälte sind nun mal quasi-Beamte) muss sich schon bei der Einstellung an strenge Regeln halten. Konkurrentenklagen von nicht berückstichtigen Bewerbern gibt es eben nicht erst beim Streit um das Präsidium eines Landgerichtes, sondern auch schon „im kleinen“ – ein sachliches und gerichtsfestes Abgrenzungskriterium bietet nun mal in erster Linie die Note. Und wer – trotz „knapp“ verfehlter Note anderweitige Qualifikationen mitbringt, wird im Einzelfall auch eingestellt. Nur, wer mit 4,0 Punkten (=Mindestpunktzahl zum Bestehen) durchs Examen gestolpert ist, der wird eben nicht eingestellt. Ich finde das nur fair. Die Justiz bindet sich ja ihre Neulinge im Besten Fall „lebenslang“ ans Bein – 40 Jahre Arbeitszeit plus Pensionierung machen unter dem Strich schon einen siebenstelligen EURO-Betrag aus. Die Entscheidung möchte also sinnvoll überlegt sein.
Und wer sich – bei gleicher Qualifikation – bewusst für die Anwaltstätigkeit entscheidet, der wird auch andere als nur monetäre Gründe dafür haben. Nicht den Druck im Nacken zu haben, am Ende des Monats mindestens X Verfahren erledigt zu haben, kann auch einen Gegenwert haben. Ihn in Euro zu fassen, fällt mir persönlich aber schwer.
III.
Zum Thema Arbeitszeit. Ich selbst bin erst seit knapp 4 Jahren bei der Justiz. Ich muss aber gestehen, dass meine tatsächliche Arbeitsbelastung weit über den nominalen 42 Wochenstunden liegt, die in meiner Jobbeschreibung stehen. Und wenn ich mich unter den Kollegen (auch den altgedienten) umschaue, geht es denen ähnlich. Ja, es gibt den „faulen Amtsrichter“, der um 11:00 Uhr kommt, um 14:30 Uhr geht und zwischendrin drei Stunden Mittag macht. Aber diese Kollegen sterben aus. Statistisch gesehen arbeiten sämtliche Kollegen (im Schnitt) ca. 120% dessen, wozu sie eigentlich „verpflichtet“ wären.
IV.
Bei allem Bashing sollte man berücksichtigen, dass der Beruf des Anwaltes mit dem des Richters letztlich nicht zu vergleichen ist. Das meine ich in beide Richtungen positiv wie negativ. Ich bin heilfroh, dass ich nicht dem Mandanten bzw. der Partei Rede und Antwort stehen muss. Ich spreche Recht und wer sich falsch behandelt fühlt, soll von sämtlichen ihm zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln Gebrauch machen. Das nehme ich nicht persönlich, das ist Teil des Jobs.
Ich bin in der angenehmen Position, dass die Person, die sich ungerecht behandelt fühlt, nicht in seiner Nachbarschaft herumerzählt: „Zu dem Richter darfst Du nicht gehen, der ist inkompetent“. (Also: Er kann es ja gern herumerzählen, wenn es ihn glücklich macht… aber ich bin auf die Kundschaft ja auch nicht angewiesen, ich habe genug Fälle, ob ich will oder nicht und am Ende vom Monat kommt immer Gehalt, auch wenn es mal weniger Fälle waren. Wäre ich Anwalt und zehn Mandanten würden herumposaunen, wie schlecht ich bin, würde ich das sicherlich an einem Umsatzrückgang spüren…)
Sicherlich ein großer Vorteil. Gleichwohl habe ich den großen Nachteil, dass meine Verdienstchancen nach oben sehr sehr gedeckelt sind. Nur die wenigsten stoßen in Besoldungsregionen von R2 und mehr vor. Ich selbst habe es nicht vor. (Was daran liegt, dass diese Positionen mit Aufgaben verbunden sind, die mir persönlich nicht liegen und die ich deswegen anderen überlassen möchte, die mehr Spaß daran haben)
V.
Stundensätze im allgemeinen: Jeder Stundensatz, den ein Kunde bereits ist, zu bezahlen, ist angemessen. (Und zwar für diesen Kunden). Das können 50 EUR sein, das können 500 EUR sein und so etwas wie „unrealistisch“ gibt es meines Erachtens nicht. Wer 500 EUR in der Stunde verlangt und die auch bezahlt bekommt – Hut ab! Wer sie verlangt und sie nicht bekommt, der wird entweder aufhören oder seinen Stundensatz anpassen müssen.
VI.
Ganz allgemein muss ich persönlich feststellen, dass das Rechtssystem – mit guten Richtern UND guten Anwälten – allgemein eher zu billig als zu teuer daherkommt. Sowohl Anwaltsvergütung als auch Richterbesoldung sind im Interesse einer funktionierenden Rechtspflege dringend nach oben anzupassen. Der Staat hat heute schon Probleme, dass die richtig guten Leute (und die sollte man doch in der Justiz haben wollen!?) schon nicht mehr kommen wollen, weil sie anderswo das doppelte oder dreifache verdienen können. Ich selbst bin mit meiner Besoldung nicht unzufrieden. Aber ich kann Kollegen verstehen, die Frust schieben, weil sie damals ein lukratives Angebot in der freien Wirtschaft abgelehnt haben und heute sehen, dass bei der Justiz auch heftigst geackert wird. Vom „faulen Lenz der Beamten“, der uns so gern vorgeworfen wird, sind wird meilenweit weg – jedenfalls die, die ihren Job ernst nehmen.