Was alles nicht gesagt wird und warum wir trotzdem verstehen
Menschliche Kommunikation ist ein interessantes Thema und jeder, der sich näher damit beschäftigt, kommt aus dem Staunen nicht heraus, dass sie tatsächlich (nicht immer aber meistens) funktioniert. Wie kommt es, dass auf die Frage: „Weißt du, wieviel Uhr es ist?“ in der Regel nicht ein schlichtes „Ja“ als Antwort kommt, sondern die Uhrzeit genannt wird?
Hier greift das von dem englischen Sprachphilosophen Herbert Paul Grice so bezeichnete Kooperationsprinzip, das wir meistens zur Grundlage unserer Kommunikation machen. Dieses Kooperationsprinzip lautet wie folgt: Mach deinen Gesprächsbeitrag jeweils so, wie es von dem akzeptierten Zweck oder der akzeptierten Richtung des Gesprächs, an dem du teilnimmst, gerade verlangt wird.
Hierzu gibt es 4 Konversationsmaximen:
1. Die Maximen der Quantität:
• Mache deinen Gesprächsbeitrag so informativ, wie nötig.
• Mache deinen Gesprächsbeitrag nicht informativer als nötig.
2. Die Maximen der Qualität:
• Versuche deinen Beitrag so zu machen, dass er wahr ist.
• Sage nichts, was du für falsch hältst.
• Sage nichts, wofür dir angemessene Gründen fehlen.
3. Die Maximen der Relation:
• Sei relevant.
4. Die Maximen der Modalität:
• Vermeide Unklarheit des Ausdrucks.
• Vermeide Mehrdeutigkeit.
• Sei kurz (vermeide unnötige Weitschweifigkeit).
• Der Reihe nach!
Die einfache Antwort „Ja“ auf die Frage nach der Uhrzeit hätte gegen die 1. und 3. Maxime verstoßen. Hier spielt natürlich der Kontext eine Rolle. Denkbar wäre auch ein Kontext, bei dem die Antwort „Ja“ dem Kooperationsprinzip nicht zuwider liefe: Ein Paar hat einen Termin (sei es Kino, Theater oder eine Einladung) und eine(r) von beiden macht keine Anstalten, sich fertig zu machen.
Wir unterstellen auch, dass Antworten letztlich dem Zweck des Gesprächs entsprechen. Nur so sind wir in der Lage, Ironie zu verstehen oder Antworten zu deuten: „Wie gefällt dir mein Mantel?“ – „Er ist rosa!“ Im Hinblick auf das Kooperationsprinzip ist klar, dass dem Antwortenden die Farbe nicht gefällt (weil er ansonsten ja eine auf die Frage unsinnige Antwort gegeben hätte).
Mit Hilfe dieses Kooperationsprinzips und den Konversationsmaximen gelingt es uns überhaupt, den anderen zu verstehen, indem wir zwischen den Zeilen lesen und das Gesprochene interpretieren. Im Zweifel sollten wir allerdings nachfragen.
Wie Konversation schief gehen kann, wenn man alles wörtlich nimmt, kann man in den Büchern von Paul Maar über das Sams nachlesen.