Warum sollen Anwälte weniger verdienen als Richter?

Warum sollen Anwälte weniger verdienen als Richter?

Vorgestern hatte ich einen Beitrag über den Stundensatz geschrieben, den ein Anwalt verlangen muss, um auch ein Richtergehalt zu kommen. Sicherlich kann man an der von mir vorgenommenen Berechnung in der einen oder anderen Hinsicht Kritik üben. Was mich aber erstaunt hat, ist der Vorwurf, dass es offenbar absolut vermessen ist, überhaupt ein Richtergehalt als Vergleichsgrundlage zu nehmen.

Das wichtigste Argument war hierbei, dass nur Prädikatsjuristen überhaupt Richter werden können. Deshalb – so verstehe ich die Kommentatoren – ist es vollkommen vermessen, dass die offenbar im Durchschnitt juristisch ungebildeten Rechtsanwälte überhaupt den Anspruch erheben, so viel zu verdienen wie die erlesene Juristenelite der Richter.

Zunächst der Hinweis an die Eliterichter: Auch Prädikatsjuristen werden Rechtsanwalt, weil sie nicht so fremdbestimmt arbeiten wollen. Steht ihnen dann nicht ein entsprechendes Einkommen zu?

Ist die Examensnote einziger Maßstab für das spätere Einkommen? Ein Anwalt muss viel Können auf verschiedenen Gebieten aufweisen. Er muss ein guter Akquisiteur sein, eine Eigenschaft, die den Prädikatsrichtern vielfach abgeht. Sie müssen zum Glück nicht akquirieren. Der Rechtsanwalt muss ein guter Kommunikator sein. Kann er nicht mit Menschen umgehen, werden ihm die Mandanten weglaufen. Manch ein Amtsrichter erlebt gelegentlich, welche Arbeit ihm die Rechtsanwälte abnehmen, wenn ein nicht anwaltlich vertretener Prozessbeteiligter vor ihm steht und ihn mit allen möglichen unerheblichen Argumenten volllabert. Viele Richter sind auch froh, wenn der Anwalt mit seinem Mandanten den Gerichtssaal verlässt, um ihn auf dem Flur von der Güte des gerichtlichen Vergleichsvorschlags zu überzeugen. Dem Richter ist es vorher nicht gelungen.

Sicher mag es Richter geben, die in dem von ihnen bearbeiteten Gebiet vielen Anwälten überlegen sind. Sie sollten aber berücksichtigen, dass die von ihnen geschmähten „Feld-Wald-Weisen-Anwälten“ auf vielen Gebieten zumindest so gut sein müssen, dass sie nicht ständig Haftpflichtfälle produzieren, während die Spezialrichter schon unfähig sind, einen normalen Verkehrsunfall abzuwickeln.

Und nicht zuletzt: Die Rechtsanwälte sind – und darauf hat auch ein Kommentator hingewiesen – sind die Rechtsanwälte wie die Richter Organe der Rechtspflege gleichberechtigt den Richtern und anderen Organen. Ist es daher gerechtfertigt, ihnen ein geringeres Einkommen zuzubilligen?

Und: Die Richter haben keinerlei Risiko. Solange sie keine Silbernen Löffel klauen, behalten sie ihr Amt bis zur Pensionierung, unabhängig von der Leistung, die sie erbringen. Demgegenüber trägt der Rechtsanwalt das volle wirtschaftliche Risiko. Er muss akquirieren und dafür sorgen, dass die Rechnung dann vom Mandanten auch bezahlt wird. Diese Unsicherheit ist doch nicht zuletzt der Grund, warum viele die Sicherheit des Richterdaseins vorziehen.

Wenn dann noch ein Richter kommentiert, er kenne Rechtsanwälte, die allein bei seinem Amtsgericht über die PKH-Vergütung in einem Monat mehr verdienten, als er im ganzen Jahr, muss sich fragen lassen, ober hier die Grenze zur Polemik nicht bei weitem überschritten hat. Selbst bei einem (für das Amtsgericht) Maximalstreitwert von 5.000 € müssten daher monatlich 61 PKH-Mandate abgerechnet werden, um auf das Jahresgehalt dieses Richters zu kommen! Sehr wirklichkeitsnah!??

Gerfried Braune

Assessor jur. & zertifizierter Mediator Ringstr, 49, 66130 Saarbrücken, Telefon +49 6893 986047 Fax +49 6893 986049, Mobil +49 151 40 77 6556
7 Gedanken zu „Warum sollen Anwälte weniger verdienen als Richter?
  • ballmann 13. September 2009 um 17:26 Uhr

    „Selbst bei einem (für das Amtsgericht) Maximalstreitwert von 5.000 €“

    wie bitte ?

    in FamSachen haben Sie oft Streitwerte von mehreren 10.000 €

  • Gerfried Braune 13. September 2009 um 18:08 Uhr

    Aber die Gebühren bei Prozesskostenhilfe sind ab 30.000 € Streitwert gedeckelt, so dass (ohne Vergleich) maximal ca. 1.000 € pro Mandat anfallen (mit Vergleich 1.390 €). Man braucht also, um mehr als das Jahresgehalt des Kommentators in einem Monat per PKH-Gebühren zu verdienen, mehr als 41 (ohne Vergleich) oder mehr als 30 (mit Vergleich) Mandate mit Streitwerten von 30.000 € aufwärts. Sehr wahrscheinlich, gell? Gerade bei Prozesskostenhilfemandaten haben wir in Scheidungssachen ständig solche Streitwerte?

  • D.Burhoff 13. September 2009 um 21:59 Uhr

    wenn man die Diskussion unter http://blog.strafrecht-online.de/2009/09/was-lesen-amtsrichter-eigentlich-oder-so-bitte-nicht/ liest, weiß man warum Anwälte ggf. weniger als Richter verdienen

  • Dante 14. September 2009 um 15:26 Uhr

    Sie wollen es aber auch nicht verstehen, oder?

    Es ist keineswegs vermessen, das Gehaltsniveau eines Richters anzustreben.

    Vermessen ist es aber das Gehaltsniveau der Top 10% der Richter (R2 Richter) mit dem eines anwaltlichen Einzelkämpfers (die im Schnitt eher im unteren Einkommensdrittel liegen dürften) zu vergleichen.

    Kein Richter, den ich kenne, wird sich dagegen wehren, dass man als Anwalt so viel wie ein Richter (und noch deutlich mehr) verdienen KANN, wenn man entsprechenden wirtschaftlichen Erfolg hat mit seiner Kanzlei.

    Dass dabei nicht-kernjuristische Aspekte eine Rolle spielen, ist ebenso klar. Ein guter Strafverteidiger wird man nicht durch das was in der Uni oder in den Referendariats-AGs gelernt hat.

    Die Frage „Warum sollen Anwälte weniger verdienen als Richter“ impliziert aber, dass jeder Anwalt so viel wie ein Richter verdienen sollte. Und das ist vermessen.

    Im Übrigen: Wer sich als Prädikatsjurist für den Beruf des Anwalts entscheidet und weniger als ein Richter verdient, hat etwas ganz gravierend falsch gemacht. Der Normalfall ist eher, dass das Einstiegsgehalt deutlich über dem eines Richters liegt.

    Und wer als Prädikatsjurist einfach nur ein Anwaltsschild an die Tür hängt, um als Feld-Wald-und-Wiesenawalt „nicht fremdbestimmt zu arbeiten“, sollte nicht erwarten, dass die Allgemeinheit ihm den selbstgewählten Einkommensverlust ausgleicht.

  • Uncle Sam 17. September 2009 um 10:36 Uhr

    Langsam gewinne ich den Eindruck, dass Sie immer noch nicht verstanden haben, dass Sie Äpfel mit Birnen vergleichen.

    Es mag sicherlich Rechtsanwälte geben, die weniger als Richter verdienen.
    Dies sind vor allem Einzelkämpfer, die in Rechtsgebieten mit geringen Streitwerten tätig sind. Des Weiteren könnten darunter noch Rechtsanwälte mit geringer juristischer Qualifikation fallen.

    Und die juristische Qualifikation spiegelt sich naturgemäß in den Examensnoten wider. Rechtsanwälte mit gehobenen befriedigenden Examen und sogar Prädikatsexamen haben allein aufgrund ihrer Qualifikation beste Berufs- und Verdienstmöglichkeiten, die die eines Richters bei weitem übersteigen.

    Da -wie Sie zutreffend ausführen- die Examensnoten nicht allein für den Erfolg entscheidend sind, können auch die Rechtsanwälte, die zwar nicht durch juristisches Fachwissen glänzen, sich aber gut vermarkten, ein hohes Einkommen erzielen.

    Übrig bleiben die Rechtsanwälte mit schlechten Examen, die sich weder vermarkten können noch irgendwo eine Anstellung finden. Mit denen hält sich mein Mitleid aber in Grenzen. Es gibt nämlich keinen Anspruch darauf, nur aufgrund eines gerade so bestandenen Studiums und Examens ein genauso hohes Einkommen zu erzielen wie die besten Absolventen. Da hilft auch kein Hinweis auf den Status als Organ der Rechtspflege.

    Letztlich verdienen die meisten Rechtsanwälte deutlich mehr als Richter.

    Aber wenn Sie die Vergütung von Richtern und Rechtsanwälten angleichen möchten, sollten Sie dies unbedingt über Ihre Interessenvertretung versuchen, um eine Änderung des RVG zu bewirken.
    Eine Möglichkeit wäre, dass das Monatseinkommen eines jeden (!) Rechtsanwalts auf die Höhe des Gehalts eines vergleichbaren Richters festgeschrieben wird. Natürlich müssten so nette Annehmlichkeiten eines Rechtsanwalts wie Dienstwagen etc. entsprechend berücksichtigt werden.
    Die gut verdienenden Rechtsanwälte müssten dann die das Fixgehalt versteigenden Beträge in eine Art Solidartopf einzahlen, um ihre armen Kollegen zu unterstützen.
    Was meinen Sie, würden Ihre Standeskollegen dazu sagen ? Richtig, ein paar low performer würden jubeln. Bei der klaren Mehrheit gäbe es einen Sturm der Entrüstung über das niedrige Einkommen.
    Falls Sie anderer Meinung sind, freue ich mich schon über ihre Initiativen bei der Rechtsanwaltskammer.

  • Denny Crane 10. Dezember 2009 um 12:02 Uhr

    Diese Futterneid-Debatte verstehe ich nicht. Wir sind eine Zwei-Mann-Kanzlei. Uns fehlte es weder an der Qualifikation noch an Möglichkeiten, als Richter, StA oder Verwaltungsjurist tätig zu werden. Wir haben uns jedoch nach dem Referendariat bewußt für den Sprung ins kalte Wasser entschieden und eine „Feld-, Wald- und Wiesenkanzlei“ eröffnet. Uns reizte nach den im Referendariat durchlaufenden Stationen die Aussicht, auf allen Gebieten und nicht nur auf den wenigen Teilgebieten, die ein Richter, StA oder Verwaltungsjurist bearbeiten kann/muß, tätig zu sein. Und im Gegensatz zu den vielen auf Sicherheit bedachten Kollegen, für die der Staatsdienst das größte denkbare Glück auf Erden darstellte, reizte uns auch das wirtschaftliche Abenteuer.

    Nicht jeder, der heute Vorsitzender Richter am Landgericht oder Oberstaatsanwalt ist, hat diesen Posten aus meiner Sicht (und wohl auch aus Sicht der Kollegen) verdient. Da spielt nicht nur juristische Qualifikation eine Rolle. Das vielleicht am wenigsten. Ebenso wenig sind nicht alle reichen Anwälte gute Juristen. Das Einkommen von Richtern und Anwälten läßt sich überhaupt nicht vergleichen und hat wenig mit Qualifikation oder Arbeitseinsatz zu tun. Gleiches gilt innerhalb der jeweiligen Berufsgruppen. Der reiche „Abmahnanwalt“ ist vielleicht ein ebensolcher „Trottel“ wie der VRiLG oder (L)OStA, während „Dorfanwalt“ und „Dorfrichter“ trotz hohen persönlichen Einsatzes und hervorragender Qualifikation „nur“ um die 4.000,- Euro brutto haben.

    Soweit es Anwälte betrifft, sind auch die eigenen Ansprüche für den Verdienst entscheidend. Wenn man jedes Mandat annimmt, sieben Tage die Woche 10-12 Stunden arbeitet, anschließend noch meint, wichtige Mandanten zum Essen einladen zu müssen, kann man sicher recht wohlhabend werden. In den ersten Jahren nach unserer Kanzleigründung haben wir so gearbeitet, aber schnell gemerkt, daß Geld allein nicht glücklich macht. Heute bescheiden wir uns bewußt mit einem „Amtsrichtergehalt“ von 3.500,- Euro bis 4.000,- Euro brutto monatlich. Wir nehmen nicht mehr jedes Mandat an, beschränken uns auf maximal 50 Stunden Arbeit die Woche und machen ohne aktive Aquise jedes Jahr fast exakt den gleichen Umsatz, der uns die o.g. monatliche Entnahme erlaubt.

    Von mir aus können Richter auch 10.000,- Euro im Monat verdienen. Ist mir ganz egal. Viele hätten es aus meiner Sicht aufgrund ihrer Qualifikation und Arbeitsbelastung auch verdient. Die Besoldung von Amtsrichtern ist skandalös niedrig. Was ich verdiene, bestimme ich weitgehend selbst. Mir geht es gut.

    Bei 90% der Juristen stehen Ausbildungsaufwand (Abitur, Studium, Refendariat) und späterer Verdienst ohnehin in einem Mißverhältnis. Kein Wunder, daß viele Richter und Staatsanwälte Kaufleute und Handwerker mißtrauisch beäugen, die mit Haupt- oder Realschulabschluß aber Bauernschläue und Fleiß ein viel höheres Einkommen erreichen. Aber es steht ja jedem Richter frei, statt zu richten ebenfalls Maschinen zu verkaufen und im Monat 500.000,- Euro Umsatz zu machen.

  • Rechtsanwalt Hanau 26. Dezember 2011 um 01:22 Uhr

    Danke für den Beitrag, war sehr lehrreich.

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