Warum kommen die eigentlich nicht von selber drauf?
Das muss man sich wirklich fragen. Mit „die“ meine ich die deutschen Richter. In einer Presseerklärung vom 21.08.2014 hat der Deutsche Rcihterbund darauf hingewiesen, dass 71 % der Deutschen die Gerichte für Überlastet halten. Nach dem Roland Rechtsreport waren es sogar 73 % der Deutschen, die diese Meinung hatten und 79 % meinten auch, das die Verfahren zu lange dauern. Erst vor kurzem wurde über den Jungrichter aus dem Saarland debattiert, der wegen zu hoher Anforderungen das Handtuch geschmissen und dies in einem offenen Brief erklärt hatte. Ich glaube das auch, auch wenn ich teilweise die Überlastung eher auf der Ebene der Justizbediensteten sehe, bei denen immer mehr eingespart wird. Allerdings führt dies auch dazu, wie sich ein Staatsanwalt einmal bei mir beklagte, dass sie jetzt die Anklageschrift selbst ins Reine schreiben müssten.
Gut, dass sie überlastet sind, darauf sind sie ja von allein gekommen. Der Richterbund nutzt dies natürlich dazu, nach einer besseren personellen Ausstattung der Gerichte zu rufen. Axeel Hellinger hat die Pressemitteilung des Richterbundes zum Anlass genommen, in einem Beitrag auf seinem Blog darauf hinzuweisen, dass das doch eine Chance für ADR (Alternative Dispute Resolution = alternative Streitbeilegungsmethoden) sei. Hauptfall der ADR ist die Mediation. Er meint: „Eine entsprechend offensive Werbung mit ihrem zeitnahen Zugang zum Recht könnte die Akzeptanz der Bevölkerung für die Rechtsfindung neben den staatlichen Gerichten fördern.“ Ganz unrecht hat er damit sicherlich nicht. ist doch auch sein weiterer Schluss richtig: „Davon würden auch die staatliche Gerichte profitieren, indem sie sich mit den freigewordenen Kapazitäten auf Verfahren konzentieren können, welche z.B. von ADR-Dienstleistern nicht (sinnvoll) gelöst werden können.“
Aber warum kommen die Rcihter nicht von allein auf diese Möglichkeit? Sie haben doch mit aller Macht danach gedrängt, dass durch das Güterichtermodell ADR durch die Gerichte selbst angeboten wird und das noch für lau (das können freiberufliche Mediatoren nicht, die wollen schließlich davon leben). Hierfür müssen Richter speziell ausgebildet werden (in der Zeit fehlen sie zur Bearbeitung von Rechtsstreitigkeiten), Geld wird dafür ausgegeben (das anderswo in der Justiz nun offensichtlich fehlt) und müssen wertvolle Arbeitszeit, die sie für die Fallbearbeitung brauchen, nun für Güterichterverfahren aufwenden. Und dies alles dürfte sogar Wettbewerbs- und Verfassungsrechtlich unzulässig sein, da der Staat nur dort mit den freien Wirtschaftstreibenden in Konkurrenz treten darf, wo der Bedarf nicht gedeckt werden kann bzw. müssten auf jeden Fall darauf hinweisen, dass statt es Güterichters auch ein externer Mediator tätig werden kann.
Dabei geht es auch anders. Es gibt mehr als genug freiberufliche Mediatoren, die nicht gerade unter Überlastung ächzen. Das Verfahrensrecht gibt den Richtern die Möglichkeit, an außergerichtlich tätige Mediatorinnen und Mediatoren abzugeben. Insoweit sei den Richtern die Lektüre des § 278a ZPO ans Herz gelegt. Bereits in der Klageschrift sollen die Parteien ja angeben, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen (§ 253 Abs. 3 Ziff. 1 ZPO). Vielleicht sollten die Richter einmal darauf achten, ob diese Fragen nicht nur formularmäßig beantwortet wurden und eventuell einmal danach fragen.
Dann sollten sich die Richter einmal über Mediation schlau machen (ich denke, jede Mediatorin oder jeder Mediator ist auf Anfrage jederzeit bereit, Richter Argumentationshilfen für Mediaton zu geben), damit sie Mediation auch überzeugend den Parteien (und vor allem ihren Anwälten) nahebringen können. Ansonsten können sie ja durchaus das Zeitargument selbst einbringen (wegen der derzeitigen Arbeitsüberlastung ist mit einem Urteil frühestens in einem dreiviertel Jahr zu rechnen, bei Einholung eines Gutachtens müssen Sie mit mindestens zwei Jahren rechnen).
Vielleicht reicht es auch aus, den Parteien damit zu drohen: „Wenn Sie keine Mediation machen, schreibe ich ein Urteil!“