Vom Juristen zum Konfliktmanager

Vom Juristen zum Konfliktmanager

Leider werden an den juristischen Fakultäten in Deutschland “nur“ Juristen ausgebildet. Was meine ich damit? In aller Regel verlassen Leute die Uni, die nach dem ersten Staatsexamen sehr viel juristisches Wissen angehäuft haben. Themen wie etwa Konfliktlösung und Konflikttheorie haben Sie allenfalls am Rande gestreift. Dies sind Themen, die nicht examensrelevant sind.

Dabei muss man sich der Tatsache bewusst werden, dass die Hauptaufgabe der Juristen – gleichgültig ob sie als Richter, Rechtsanwälte oder Unternehmensjuristen arbeiten – darin besteht, Konflikte zu bearbeiten bzw. zu vermeiden.  An dieser durchaus begrenzten Ausbildung mag es liegen, dass die Konfliktlösungsstrategien der meisten Juristen sich in zwei Möglichkeiten erschöpfen: außergerichtliche Verhandlungen und Prozess.

Andere Konfliktlösungsmöglichkeiten werden kaum wahrgenommen. Gerade die Möglichkeiten “nichtjuristischer“ Konfliktlösungsverfahren spielt im Handlungsrepertoire der Juristen kaum eine Rolle. In der Gedankenwelt der Juristen gibt es nur die Einbahnstraße von der außergerichtlichen Verhandlung zum Prozess. Abzweigungen von dieser Einbahnstraße will oder kann man nicht wahrnehmen.

Dabei übersehen sie, dass die meisten Mandanten mit dem Ergebnis der rein juristischen Verfahren nicht glücklich sind. Dies muss sicherlich nicht am Ergebnis liegen. Auch ein gutes Ergebnis wird als unbefriedigend empfunden, wenn der Weg dorthin an den eigentlichen Interessen und Wünschen der Mandanten vorbeigeht.  Ich meine, der moderne Anwalt und moderne Jurist sollte seine Aufgabe primär nicht im korrekten lösen juristischer Probleme oder dem durchsetzen juristisch ermittelter Ansprüche erschöpft sehen. Der moderne Jurist sollte Konfliktmanagement betreiben. Dies bedeutet, dass er alle Möglichkeiten der Konfliktlösung in sein Repertoire aufnimmt und auch dem Mandanten anbietet, ihn durch alle Möglichkeiten zu führen.

Die Tatsache, dass außergerichtliche Verhandlungen zwischen den Anwälten scheitern, impliziert nicht, dass nicht eine Mediation oder eine Schlichtung erfolgreich sein könnte.  Dies bedeutet aber auch, dass die Juristen ihren Blickwinkel gerade bei der Bearbeitung bereits entstandener Konflikte von der rein juristischen Sichtweise, die rein vergangenheitsorientiert ist, lösen. Aufgabe ist es dann, zusammen mit dem Mandanten eine Zukunftsvision zu entwickeln. Anschließend kann man herausfinden, welches der beste Weg zum erreichen dieser Zukunftsvision ist. Dies ist besonders dort wichtig, wo die Betroffenen des Konflikts auch in Zukunft in einer sozialen Beziehung leben (müssen).

Letztlich geht es auch darum, eine nachhaltige Lösung des Konflikts zu finden. Sicherlich ist auch ein rechtskräftiges Urteil juristisch gesehen nachhaltig. Es ist aber nicht nachhaltig, soweit es um die Lösung des Konflikts geht. Die wenigsten werden nach einem für sie ungünstigen Urteil einsehen, dass sie im Unrecht waren. Die meisten werden darüber nachsinnen, wie sie in irgendeiner Weise diese Niederlage wieder ausmerzen können. Der Konflikt als solcher lebt fort und hat neue emotionale Nahrung gefunden.

Gerfried Braune

Assessor jur. & zertifizierter Mediator Ringstr, 49, 66130 Saarbrücken, Telefon +49 6893 986047 Fax +49 6893 986049, Mobil +49 151 40 77 6556
2 Gedanken zu „Vom Juristen zum Konfliktmanager
  • Werner 16. Dezember 2012 um 19:24 Uhr

    Würden Sie von jemandem, der Fernseher verkauft, auch erwarten, dass er sein Angebot um Bücher erweitert und den Kunden, der einen Fernseher will, zuvor ausführlich über die Vorzüge des Bücherlesens gegenüber dem exzessiven Fernsehkonsum berät?

    Klar sollen Anwälte und Richter eine vergleichsweise Einigung vermitteln helfen. Eine Mediation ist aber ein aliud. Wer sowas will, soll gleich zum Mediator gehen.

  • RA Thorsten Blaufelder 17. Dezember 2012 um 08:32 Uhr

    Ich kann dem Artikel nur voll und ganz zustimmen, was die juristische Ausbildung angeht. Leider sah es zu meiner Zeit im Referendariat auch nicht viel besser aus.

    @Werner: dafür muss die Mediation aber erst einmal unter den Ratsuchenden ausreichend bekannt sein. Vielen Mandanten erwarten noch immer von ihrem Anwalt, dass der einen „bösen Brief“ an die Gegenseite schreibt.

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