Und immer geht es um Vertrauen
Wichtig ist in der Mediation, dass die/der Mediator/in das Vertrauen der Medianden erwirbt. Vertrauen ist der Schlüsselfaktor in der Mediation. Zunächst geht es um Vertrauen zwischen den Medianden und dem Mediator. Vertrauen zwischen den Medianden untereinander kann sich erst im Laufe der Mediation bilden. Das Vertrauen zum Mediator ermöglicht, die Meinungsunterschiede zwischen den Medianden zu überbrücken und einen Meinungsaustausch zu ermöglichen. Vertrauen ist auch Voraussetzung dafür, dass die Parteien ihre Interessen und Bedürfnisse offen darlegen.
Was schafft Vertrauen zum Mediator? Jean Poitras, ein außerordentlicher Professor an der HEC Montreal ist der Frage nachgegangen, was Vertrauen zwischen dem Mediator und den Medianden schafft und hat dies im Negotiation Journal veröffentlicht.
Er ging bei seiner Untersuchung von drei Abstufungen von Vertrauen aus:
- Der Mediator hat mein Vertrauen erworben
- Ich glaube, der Mediator war vertrauenswürdig
- Ich fühlte mich mit dem Mediator wohl
Ein hoher Vertrauenslevel wird demnach erreicht, wenn die Chemie stimmt. Dies ist ein Punkt, den der Mediator nicht beeinflussen kann. Manchmal vertrauen die Medianden dem Mediator intuitiv aufgrund körpersprachlicher Faktoren. Ein Fehlen dieser “Chemie” führt aber nicht dazu, dass Vertrauen nicht aufgebaut werden kann.
Auf der anderen Seite hat Neutralität und Unparteilichkeit keinen entscheidenden Einfluss auf den Aufbau von Vertrauen, das Fehlen allerdings zerstört Vertrauen. Es ist ein „must have“ Faktor. Er wird als selbstverständlich vorausgesetzt und nur das Fehlen wird registriert. Wenn die Medianden das Gefühl haben, der Mediator ist (zugunsten des anderen Medianden) parteilich, wird dies das Vertrauen zerstören. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob der Mediator tatsächlich parteilich ist, sondern alle darauf, ob dies von einem Medianden so wahrgenommen wird.
Zentraler vertrauensbildender Faktor ist die Beherrschung des Mediationsverfahrens, will heißen die (von den Medianden erlebte) Erfahrung in Mediation, Beherrschung des Falls und vor allem Selbstsicherheit.
Eng damit zusammen hängt die Erläuterung des Vorgehens und des Mediationsprozesses. Die Transparenz des Verfahrens vermittelt ein Gefühl der Gerechtigkeit bei den Medianden und verstärkt das Vertrauen in den Mediator.
Natürlich führt Wärme und Wertschätzung, kurz Empathie, zu Vertrauensaufbau im Verhältnis des Mediators zu seinen Medianden. Es leuchtet ein, dass ein empathischer Mediator eine Vertrauensbasis für die gemeinsame Arbeit schafft.
Keinen entscheidenden Einfluss auf das Schaffen von Vertrauen hat die Fähigkeit des Mediators, die Medianden zu verstehen. Es ist die Fähigkeit, die Äußerungen der Medianden vollumfänglich zu verstehen, durch Verständnisfragen und Zusammenfassungen. Auch dies wird vorausgesetzt, wurde aber bei den Untersuchungen sowohl bei Mediationen mit hohem und niedrigen Vertrauenslevel genannt. Gleiches gilt, wenn der Mediator den Fokus auf den Abschluss einer vertragliche Regelung legt, das heißt, wenn der Mediator immer wieder die Diskussion auf die möglichen Lösungen ausrichtet.