Selbst dran schuld!
Ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger, der gerade bei uns eine Ausbildung zum Mediator beendet hat, war anlässlich der Erläuterung eines von ihm erstellten Sachverständigengutachtens bei einem Gericht in Bayern. Nach dem Termin kam er mit dem Richter ins Gespräch über Mediation. Der Richter öffnete einen Raum, in dem sich überall Akten stapelten und meinte: „Könne Sie alles machen!“
Natürlich konnte er die Fälle nicht meditieren, allein schon aufgrund der räumlichen Entfernung des Saarlandes zu Bayern. Aber man muss zu dem Richter sagen: „Selbst dran schuld!“ Mit Sicherheit gibt es auch im engsten Umkreis zu dem bayerischen Gericht genügend MediatorInnen und Mediatoren, die nicht gerade unter der Last der vielen Mediationsaufträge zusammenbrechen. Offenbar ist ihm der seit zwei Jahren geltende § 278a ZPO noch nie ins Bewusstsein gekommen. Mediation findet in der Gedankenwelt von Richtern so gut wie nicht statt. Insbesondere ist offenbar nicht bekannt, dass sich fast jeder Fall für Mediation eignet, es sei denn, die Parteien sind darauf aus, in einer juristischen Frage ein Grundsatzurteil zu erstreiten.
Selbst dran schuld! muss man aber auch uns Mediatorinnen und Mediatoren sagen. Offensichtlich ist es uns (noch?) nicht gelungen, Mediation als geeignete Lösungsmöglichkeit für fast jeden Rechtsstreit zu etablieren oder auch nur bewusst zu machen. Insbesondere sollten wir den Richtern eine Argumentationshilfe an die Hand geben, Prozessparteien von einer Mediation zu überzeugen. Was der Richter selbst allenfalls marginal kennt, kann er den Parteien nicht überzeugend nahebringen. Nur wer ein Produkt gut kennt, kann es überzeugend verkaufen. Den Richterinnen und Richtern das nahe zu bringen, wäre Aufgäbe von uns Mediatorinnen und Mediatoren. Statt zu jammern, dass die Justiz Mediation, vor allem durch externe Mediatoren, nicht wahrnimmt, sollten wir für genügend Wahrnehmung sorgen. Das gilt um so mehr, als nach dem Roland-Rechtsreport 2014 das Ansehen von Mediation bei den Richtern und Staatsanwälten recht hoch ist (Seite 80: 68% halten Mediation für ein gutes Modell, mehr Zustimmung als für das Güterichtemodell). Nur wie fast überall in der Konflikt-bzw. Mediationslandschaft fallen Zustimmungswerte und Inanspruchnahme weit auseinander. Das zu ändern ist Aufgabe von uns Mediatorinnen und Mediatoren!