Sanierung mit Ansprüchen nach § 15 AGG?

Sanierung mit Ansprüchen nach § 15 AGG?

Mit einer neuen Geschäftsidee wollte sich offensichtlich in Insolvenz befindlicher Arbeitsloser sanieren: In nur drei Monaten reichte er sieben Klagen auf Schadensersatz beziehungsweise Entschädigung gemäß § 15 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) mit Gesamtforderungen von 145.500,00 € ein. Das Landesarbeitsgericht Hamburg machte dem Erfinder dieser Idee allerdings einen Strich durch die Rechnung und wies die Beschwerde gegen die Zurückweisung des Antrags auf Prozesskostenhilfe sowie auf Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 11a ArbGG durch das Arbeitsgericht zurück.

Zur Begründung führt das Landesarbeitsgericht aus, der beabsichtigten Klage biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Kläger habe sich nicht ernsthaft auf die nicht geschlechtsneutral ausgeschriebene Stelle beworben. Zwar begründe ein Verstoß gegen die geschlechtsneutrale Ausschreibung einer Stelle grundsätzlich die Vermutung, dass ein Arbeitnehmer eines bestimmten Geschlechts wegen seines Geschlechts benachteiligt worden sei.

Im Stellenbesetzungsverfahren könne aber nur benachteiligt werden, wer objektiv für die zu besetzende Stelle überhaupt in Betracht komme und sich subjektiv ernsthaft beworben habe.

Ob der Kläger für die zu besetzende Stelle objektiv geeignet gewesen sei, könne dahinstehen, da er sich nicht subjektiv ernsthaft beworben habe. Das setze den inneren Willen voraus, ein Beschäftigungsverhältnis einzugehen. Auch wenn eine Bewerbung eingereicht werde, könne aus Indizien geschlussfolgert werden, dass es an der erforderlichen Ernsthaftigkeit des Bemühens um ein Beschäftigungsverhältnis fehle. Das Schlussfolgert das Landesarbeitsgericht in dem entschiedenen Fall daraus, dass die Bewerbung aus Textbausteinen zusammengesetzt war, hier im wesentlichen nur die in der Stellenanzeige genannten Kriterien wiederholt wurden und keinerlei Aufschluss über Person und berufliche Interessen des Klägers gaben. Auch der Lebenslauf war nur kurz, insbesondere wurde die 18-jährige Berufspraxis nur kurz erwähnt ohne Angaben zur konkreten Tätigkeit.

Demgegenüber gab sich der Kläger bei der Abfassung seiner Klagen offenbar wesentlich mehr Mühe, wie der Senat feststellt. Allein die Vielzahl von Verfahren innerhalb von nicht einmal drei Monaten ließen den Schluss zu, dass ein Interesse an der tatsächlichen Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit nicht vorgelegen habe.

Mangels ernsthafter Bewerbungsabsicht konnte demnach der Kläger nicht diskriminiert werden.

Leitsätze:
1. Jedenfalls im Zusammenhang mit anderen Indizien kann der Umstand, dass ein Arbeitnehmer in einer Vielzahl von Fällen Klagen auf Zahlung von Schadensersatz bzw. Entschädigung wegen behaupteter Diskriminierung bei Stellenausschreibungen erhoben hat, den Schluss rechtfertigen, dass eine ernsthaft gemeinte Bewerbung nicht vorlag.
2. Solche anderen Indizien können darin zu sehen sein, dass ein Bewerbungsschreiben weitgehend aus Textbausteinen zusammengesetzt ist, keinerlei Ausführungen dazu enthält, was den Bewerber gerade an der ausgeschriebenen Stelle interessiert, und keine aussagekräftige Darstellung des bisherigen beruflichen Werdegangs des Bewerbers enthält.
3. Liegen hinreichende Indizien vor, die gegen eine ernsthafte Bewerbungsabsicht sprechen, kommen Schadensersatz- bzw. Entschädigungsansprüche gemäß § 15 AGG nicht in Betracht.
4. Ein auf die Geltendmachung derartiger Ansprüche gerichteter Prozesskostenhilfeantrag ist in solchen Fällen offensichtlich mutwillig.

Fundstelle: Landesarbeitsgericht Hamburg, Beschluss vom 12.1.2009, Aktenzeichen 3 Ta 26/08

Gerfried Braune

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