Mediation und Bewegung
Normalerweise sprechen wir bei allen Methoden der Konfliktbeilegung, sei es bei Gericht, in Verhandlungen oder bei einer Mediation, zunächst und zuerst die Vernunft an, in zweiter Linie vielleicht noch die Gefühle (zumindest in der Mediation). Das heißt, dass jeder Versuch der Konfliktbeilegung sich ausschließlich an unser Gehirn wendet. Der Rest des Menschen, der sich unter dem Kopf befindet, bleibt außen vor.
Aber der Mensch besteht nicht nur aus dem Gehirn, sondern (zum größeren Teil) auch aus dem restlichen Körper. Und dieser ist an dem Konfliktgeschehen nicht unbeteiligt. Das verrät ja bereits unsere Sprache, z.B.: „Der Streit belastet mich“ Jeder weiß, dass ein Konflikt sich auch auf den Körper auswirkt, Verspannungen treten auf, Magendrücken und vieles mehr. Trotzdem setzen wir bei der Konfliktlösung allein beim Kopf an.
Vor einigen Jahren habe ich bereits als Elternvertreter im Stadtelternrat an einer Informationsveranstaltung der Direktorenkonferenz der Grundschulen der Stadt teilgenommen, in der dargestellt wurde, dass Bewegung für das Lernen unabdingbar ist. Still sitzende Schüler sollten daher nicht der Traum des Lehrers sein, sondern Schüler, die sich im Unterricht bewegen. Nur so können sie den Lernstoff aufnehmen.
Ich bin daher der Meinung, dass bei der Mediation nicht nur die Körpersprache vom Mediator beobachtet und berücksichtigt werden sollte, sondern dass Bewegung zur Mediation gehört. Man muss nicht so weit gehen, wie in dem Projekt „Dancing the Crossroads“ der University of British Columbia in Vancouver, in der Tanz zum Zweck der Konfliktlösung eingesetzt wurde (ich werde auch in Zukunft die Mediation nicht tanzen!). Es ist aber sicherlich hilfreich, den Medianden die Möglichkeit zu geben, sich zu bewegen, auch während der Mediationssitzung. So können Emotionen abgebaut werden, die sich sonst möglicherweise aufschaukeln würden, wenn die Medianden ruhig sitzen müssten. Ich werde das bei nächster Gelegenheit einmal ausprobieren.
Auf die Idee zu diesem Artikel hat mich ein Beitrag auf dem Blog „Brains on Purpose“ hier gebracht, in dem auf das Buch „The Choreography of Resolution: Conflict, Movement, and Neuroscience“ hingewiesen wird, das von der American Bar Association herausgegeben wird.