Mediation kann trotz Anwälten gelingen
Nun ja, die Überschrift ist mit Absicht etwas provokant formuliert. Aber in der Tat sind viele Anwälte nicht gut auf Mediation zu sprechen (brauchen wir nicht, machen wir doch schon immer usw.). Aber auch viele Mediatoren haben Vorbehalte gegen die Anwälte – zumindest im Rahmen der Mediationsverfahren. Sie befürchten, dass die Anwälte die Medianden/Mandanten gegen Mediation einnehmen oder die Mediation stören. Das kann vorkommen, vor allem, wenn die Beratungsanwälte bei den Beteiligten Hoffnungen wecken, die sich dann aber letztlich auch im Prozess so nicht verwirklichen lassen.
Wichtig ist daher, dass Mediatoren mit den Anwälten die jeweiligen Rollen und Erwartungen einmal klären. Es ist daher sicher nicht verkehrt, als Mediator mit den jewweiligen Anwälten insoweit Kontakt aufzunehmen – selbstverständlich mit Wissen und Einverständnis der jeweiligen Medianden. Ebenso selsbstverständlich ist, dass der Mediator (die Mediatorin) nicht in der Sache mit den Beratungsanwälten diskutiert oder juristische Bewertungen und Meinungen der jeweiligen Anwälte entgegen nimmt. Das lässt allein die neutrale Haltung des Mediators nicht zu.
Aber in einem solchen Gespräch (Telefonat) kann geklärt werden, welche Rolle der Anwalt in dem Mediationsverfahren zu spielen gedenkt bzw. welche Rolle der Mediator von den Anwälten erwartet und wie das auch verwirklicht werden kann. Denkbar sind verschiedene Intensitäten, mit denen Anwälte in das Mediationsverfahren einbezogen werden können:
Beratungsanwalt
In dieser Rolle steht der Anwalt bereit, den Mandanten außerhalb der eigentlichen Mediationssitzung über aufgetretene rechtliche Fragen zu beraten. Der Anwalt ist nicht unmittelbar an der Mediation beteiligt, steht aber im Hintergrund bei Bedarf bereit. Hier sollte mit dem Anwalt klar sein, dass die Medianden (seine Mandanten) in einem Verhandlungsprozess versuchen, eine für sie passende einvernehmliche Lösung zu finden. Der Anwalt sollte daher darauf verzichten, zu hohe Erwartungen hervorzurufen und er sollte die Mandanten vor allem auch über die rechtlichen Risiken aufklären.
Teilnahme an der Mediationssitzung
Seltener kommt es vor, dass Anwälte an einer (oder mehreren) Mediationssitzungen selbst teilnehmen. Gerade hier muss klar sein, wie der Anwalt und der Mediator die Aufgabe des Anwalts definieren. Einmal ist denkbar, dass der Anwalt nur dann in das Gespräch eingreift, wenn es tatsächlich um rechtliche Fragestellungen geht und sich ansonsten im Hintergrund hält. Denkbar ist aber auch – und das ist die Rolle, die Anwälte aus Gerichtsverhandlungen gewöhnt sind – dass die Anwälte praktisch für die Medianden/Mandanten sprechen. Dies sollte aber nur dann der fall sein, wenn tatsächlich eine Partei nicht in der Lage ist, sich selbst angemessen zu vertreten und zu artikulieren.
Letztlich müssen sich die durch ihre Mandanten an einer Mediation beteiligten Anwälte im Klaren sein, dass sich die in der Mediation anfallenden Rechtsfragen meist im Bereich der Privatautonomie befinden, d.h. dass das Recht hier nur Rahmen vorgibt aber (meist) kein zwingendes Recht. Ein Abweichen vom gesetzlichen Normalfall sollte den Mandanten/Medianden zwar bewusst sein (sonst kann man ja nicht eigenverantwortlich entscheiden), aber das Maß an Gerechtigkeit bzw. was gerecht ist, definieren die Mandanten/Medianden im Rahmen der Mediation selbst. Sie wollen meist nicht das Maximunm aus der anderen Partei herausholen. Eine Konsenslösung, die vielleicht keinen (materiellen) Maximalgewinn mit sich bringt, ist für viele Medianden wichtiger als ein hoher Gewinn um den Preis eines Prozesses mit der damit verbundenen Verschlechterung der Beziehung.