Ist Mediation ein Ramschprodukt?
Ein Mediationszentrum in Berlin bot Mediation über Twitter wie folgt an: „Unsere MediatorInnen arbeiten ehrenamtlich bei uns. Über Spenden nach einer Mediation freut sich der Verein. Das ist eine win-win-Situation.“ Dies hat mich dann schon zu der Frage veranlasst, wo denn dann der Gewinn für die MediatorInnen sei? Die Antwort war, die MediatorInnen unterstützen so die Verbreitung der Mediation, was auch andere Nachfrage mit sich bringe.
Ich halte das für einen gefährlichen Weg und kein professioneller Anbieter wird sein Produkt kostenlos gegen eine freiwillige Spende auf dem Markt anbieten und hoffen, dass die Kunden das Produkt dann später im Laden auch kaufen.
#genauso unglücklich ist es, wenn man immer wieder für Mediation mit dem Argument wirbt, dass ein Mediationsverfahren billiger als ein Gerichtsverfahren sei. Dann wundern sich die MediatorInnen, dass die Kunden dann lieber gleich das Produkt „Prozess“ kaufen anstatt dem billigen „Ersatzprodukt“.
Etwas über den Preis verkaufen zu wollen, war noch nie wirklich erfolgreich. Gute Produkte werden nicht wegen des Preises gekauft. Wie anders wäre es zu erklären, dass Apple-Produkte trotz hoher Preise reißenden Absatz finden?
Ich habe mich schon immer geweigert, die Höhe der anfallenden Kosten als Verkaufsargument für Mediation zu nutzen. Der Vorteil der Mediation liegt eben nicht im Preis im Verhältnis zu anderen Konfliktbeilegungsverfahren. Der Vorteil der Mediation ist es, dass ein Konflikt im Verhältnis zum Gerichtsverfahren schnell und im Interesse der Medianden wirklich gelöst statt nur beigelegt wird. Man muss auch nicht bangen, was letztlich der Richter ins Urteil schreibt, die Medianden bleiben Herr (oder Dame) des Ergebnisses und sind nicht irgendwelchen rechtlichen Wertungen dritter Personen ausgeliefert.
Auch ist klar, dass ein Konflikt nach einem Urteil vielleicht beigelegt aber nicht gelöst ist, er schwelt weiter und die/der Unterlegene wird die nächste sich bietende Gelegenheit nutzen, es der/der Sieger/in heimzuzahlen. Außerdem nagt der fortbestehende Konflikt weiter am Selbstwertgefühl der Beteiligten und die Beziehung zwischen ihnen bleibt zumindest ge- manchmal auch zerstört. Dies alles sind Argumente bzw. Vorteile der Mediation, die Mediation auch bei einem höheren Preis preiswert machen.
Und noch eins: Gut gemachte Mediation ist ein professionelles Produkt, das von Mediatoren angeboten wird, die viel Zeit und Geld in eine gute Ausbildung gesteckt haben. Wenn Mediation ohne weiteres für lau angeboten wird, machen sich die Mediatoren zu Amateuren. Das ist kein Marketing für Mediation, das schreckt potenzielle Kunden ab,
Ich habe nichts dagegen, wenn gemeinnützige Organisationen Mediation für Personen, die sich Mediation wirklich nicht leisten können, kostenfrei oder gegen geringes Entgelt anbieten, solange es noch keine Mediationskostenhilfe gibt. Allerdings wird der Staat wenig Veranlassung sehen, Mediationskostenhilfe einzuführen, solange ein eventueller Bedarf finanziell minderbemittelter Bürger durch solche Organisationen abgedeckt wird.
Alles in allem ist es daher ein Irrweg, zu glauben, durch das Angebot kostenloser Mediation diese verbreiten zu können. Für ein Ramschproddukt, das auf dem Markt verschleudert wird, will dann niemand mehr zahlen und es wird auch nicht als das werthaltige Produkt gesehen, das Mediation nun einmal ist.