Hunderudel erschreckt Pferd – wer haftet?
Der Kläger wollte mit einigen anderen Reitern mit seinem Pferd vom Reiterhof der Beklagten aus ausreiten. Die Beklagte ließ ihre drei Hunde aus dem Zwinger, damit sie die Reiter bei dem Ausritt begleiten könnten. Es ist streitig, ob jetzt oder, als die drei Hunde noch einmal in den Hof zurückliefen, das Pferd des Klägers bockte und der Kläger vom Pferd stürzte. Er verklagte die Hundehalterin auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Die Klage blieb sowohl in erster als auch in zweiter Instanz erfolglos.
Auch ein durchaus natürliches tierisches Verhalten genügt als Auslöser der Tierhalterhaftung gem. § 833 BGB. Hier kommt bereits die Unberechenbarkeit von Tieren zum Ausdruck, die eine Gefährdung der Gesundheit Dritter hervorrufen. Allein das Umherlaufen eines „geballten“ Hunderudels sei eine typische Tiergefahr.
Allerdings habe der Kläger die Ursächlichkeit des Hundeverhaltens für seinen Sturz nicht nachzuweisen vermocht.
Unabhängig davon trete in dem entschiedenen Fall eine Tierhalterhaftung der Hundehalterin wegen der weit überwiegenden Mitverursachung des Sturzes durch das eigene Pferd des Klägers gänzlich zurück. § 254 BGB werde nicht nur dann entsprechend angewandt, wenn Tiere verschiedener Halter sich gegenseitig verletzten, sondern auch, wenn ein fremdes und ein eigenes Tier zusammen einen Schaden an einem anderen Rechtsgut als dem eigenen Tier verursachten.
§ 254 BGB enthalte den allgemeinen Rechtsgedanken, dass der Geschädigte für jeden Schaden mitverantwortlich ist, bei dessen Entstehung ihm zuzurechnende Umstände mitgewirkt haben. Deshalb sei bei § 254 BGB auch eine Tiergefahr zu berücksichtigen, für die der Kläger einzustehen habe.
Überwiege die dem geschädigten in dieser Weise zuzurechnende Tiergefahr im Einzelfall erheblich, führe dies zum entfallen jeglicher Tierhalterhaftung für das andere Tier.
Nach der klägerischen Darstellung habe erst die Schreckreaktion des eigenen Pferdes den Unfall ausgelöst und damit habe sich die Tiergefahr des eigenen Pferdes verwirklicht. Ein Scheuen eines Pferdes stelle ein typisches unberechenbares Tierverhalten dar, auf Grund dessen den Pferdehalter schon bei einem normal empfindlichen Tier regelmäßig ein Mitverschulden treffe. Das Pferd des Klägers sei zumindest am Tag vor dem Unfall und am Unfalltag besonders schreckhaft und nervös gewesen. Dies rechtfertige in diesem Fall ein gänzliches Zurücktreten der Tierhalterhaftung der Hundehalterin.
Also:
1. Das Herumrennen von drei Hunden als Rudel stellt bereits eine Tiergefahr dar, die zur Tierhalterhaftung führt.
2. Ist das Pferd besonders nervös und „explosiv“, kann eine Tierhalterhaftung eines anderen Tieres völlig entfallen.
Fundstelle: Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 14.07.2005, Aktenzeichen 8 U 283/04-60