Hilfe, warum haben manche Richter(innen) keine Ahnung vom Vergütungsrecht?

Hilfe, warum haben manche Richter(innen) keine Ahnung vom Vergütungsrecht?

Gestern habe ich hier über einen Herrn Justizrat berichtet, der mich in einer Vergütungsfrage belehren wollte. Heute war mündliche Verhandlung in dieser Sache vor dem Amtsgericht Saarbrücken. Die Richterin meinte dann, die Vergütung für das gleichzeitig mit der Klage verfasste und abgesandte Mahnschreiben sei sehr wohl entstanden und zu erstatten und könne mit der Klage geltend gemacht werden. Es könne ja gleichzeitig ein Auftrag für die Klage und das außergerichtliche Tätigwerden erteilt worden sein.

Zack! Das hat gesessen und mich sprachlos gemacht. Wo steht das im RVG, dass man nicht gleichzeitig Klageauftrag und außergerichtlichen Auftrag wohlgemerkt in derselben Sache erteilen kann. Manche Dinge, die man für selbstverständlich hält, kommen ins Wanken, wenn jemand sie so überzeugend vorträgt.

Ich denke, § 19 RVG ist mein Freund. Demnach werden alle zum Rechtszug gehörenden Tätigkeiten mit den in diesem Rechtszug anfallenden Gebühren abgegolten. Da Klage eingereicht wurde und außergerichtliche Tätigkeiten in derselben Sache zum Rechtszug gehören, kann das Mahnschreiben nicht gesondert abgerechnet werden.

Ferner gilt § 15 Abs. 2 RVG. Es kann daher nicht parallel bezüglich derselben Sache außergerichtlich und gerichtliche Tätigkeit gesondert geltend gemacht werden.

Puh! Nun weiß ich es wieder, wo das steht und werde es der Richterin noch mitteilen. Dann hat sie noch 4 Wochen Zeit bis zum Spruchtermin darüber nachzudenken. Vielleicht liest sie auch mal einen RVG-Kommentar. Das hatte ich ihr bereits in der mündlichen Verhandlung nahe gelegt.

Gerfried Braune

Assessor jur. & zertifizierter Mediator Ringstr, 49, 66130 Saarbrücken, Telefon +49 6893 986047 Fax +49 6893 986049, Mobil +49 151 40 77 6556
7 Gedanken zu „Hilfe, warum haben manche Richter(innen) keine Ahnung vom Vergütungsrecht?
  • Gast 24. Mai 2012 um 13:53 Uhr

    Es ist schön, dass Sie jetzt zu wissen meinen, „wo das steht“. Unverständlich ist, dass Sie sich darüber nicht vor der mündlichen Verhandlung informiert hatten und deshalb nicht mehr zu sagen hatten als den Rat an die Richterin, selber mal im Kommentar zu suchen.

  • RA Müller 24. Mai 2012 um 14:56 Uhr

    Gleichzeitig Mahnschreiben versandt und Klage eingereicht? Klingt das nicht viel eher nach einem Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht, so daß – selbst wenn die Kosten entstanden sein sollten – sie zumindest nicht dem Gegner auferlegt werden können?

  • Gerfried Braune 24. Mai 2012 um 15:03 Uhr

    Auch das!

  • Presserechtler 25. Mai 2012 um 11:37 Uhr

    Das hat weder etwas mit § 15 Abs. 2 RVG, noch mit § 19 RVG zu tun, denn selbstverständlich kann für ein außergerichtliches Mahnschreiben eine Geschäftsgebühr abgerechnet werden, wenn in der gleichen Sache auch geklagt wird. Da kommt allenfalls eine hälftige Anrechnung in Betracht.

    Die davon zu trennende Frage ist allerdings, ob die Kosten des Mahnschreibens dem Gegner auferlegt werden können, was sich danach richtet, ob sie erforderlich waren. Da das Mahnschreiben dem Schuldner die Gelegenheit zur Vermeidung einer Klage durch außergerichtlichen Zahlung geben soll, fehlt es natürlich an der Erforderlichkeit, wenn die Klage schon anhängig ist, weil dann das gerichtliche Verfahren nicht mehr durch die Mahnung vermieden werden kann. Deshalb sind die Kosten hierfür nicht vom Schuldner zu tragen.

    Glashaus. Steine.

  • Gerfried Braune 25. Mai 2012 um 16:47 Uhr

    Ich schicke Glashaus und Steine gern zurück.

    „Der Klägerin steht kein Anspruch auf Erstattung von außergerichtlichen Kosten in Höhe von 278,05 € gem. Nr. 2400 VV RVG in Verbindung mit Vorbem. 3 Nr. 4 zu, weil auch ihrem Prozessbevollmächtigten kein entsprechender Anspruch gegen die Klägerin zusteht. Das vorprozessuale Aufforderungsschreiben zur Zahlung vom 15.02.2005 diente der Vorbereitung der Klage vom 8.03.2005 und gehörte deshalb gem. § 19 Abs. 1 Nr. 1 RVG zum Rechtszug (Gerold/Schmidt/von Eicken RVG, 16. Aufl., § 19 RVG Rdnr. 10; Gerold/Schmidt/Madert, a.a.O. VV 2400-2403 Rdnr. 19-22; Göttlich/Mümmler/ Rehberg/Xanke, RVG „Geschäftsgebühr“ 3. Begriff der Angelegenheit; Bischoff/Jungbauer/ Podlech-Trappmann, § 19 RVG Rdnr. 17; Mayer/Kroiß, § 19 RVG, Rdnr. 7; Hartmann, KostG 35. Aufl., VV 3100 Rdnr. 32).“

    Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 31.10.2005 24 W 23/05 (Randziffer 41)

  • Presserechtler 30. Mai 2012 um 18:56 Uhr

    Witzig. Die Entscheidung des OLG Hamm stammt von 2005. Der § 15a RVG von 2009. Müsste ich vor Gericht argumentieren, würde ich mich auf diese Entscheidung nicht stützen. Zumal das OLG Hamm ja selbst ausführt, dass es nicht der herrschenden Meinung folgt.

  • Gerfried Braune 30. Mai 2012 um 23:33 Uhr

    Die Frage hat doch nichts mit § 15a RVG zu tun! Es geht doch um die Frage, ob überhaupt ein Gebührenanspruch entstanden ist und nicht ob er wie verrechnet wird.

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