Der Umgang mit Gewalt in der Mediation: Herausforderungen und Lösungsansätze
Kürzlich führte jemand in einer Diskussion auf Instagram aus: „Richtig ist auch, dass die Mediation vom Mediator abgebrochen werden MUSS, wenn Gewalt mit im Spiel ist. Dabei ists egal ob finanziell, psychologisch oder körperlich. Dann ist keine Mediation machbar. Leider halten sich die Mediatoren sich nicht an diese Grundregeln.“
Das würde ich in dieser Absolutheit nicht unterschreiben. Sicher ist nur, dass Gewalt im Zusammenhang mit einem Mediationsverfahren durchaus problematisch ist und von der Mediatorin oder dem Mediator Können erfordert.
Bei physischer Gewalt ist zu klären, ob diese vor oder während der Mediation auftrat. Im Einleitungsgespräch zur Mediation muss die Eigenverantwortlichkeit angesprochen werden, da Gewalt die Selbstbestimmung beeinträchtigen kann. Wenn Gewalt eine Rolle spielte, muss geprüft werden, ob eine Mediation möglich ist. Wenn ja, könnte das Setting der Mediation die Autonomie wiederherstellen, z.B. durch getrennte Einzelgespräche oder Videokonferenzen. Die Beteiligten entscheiden selbst über diese Bedingungen, wobei das Fingerspitzengefühl der Mediatorin oder des Mediators wichtig ist, um sicherzustellen, dass die Teilnahme freiwillig erfolgt.
In Mediationssitzungen verhindert der Mediator direkte Gewalt. Im Falle von Gewalthandlungen muss überprüft werden, ob die Mediation fortgesetzt werden kann. Es ist wichtig, dass alle Beteiligten klären, was sie als Gewalt empfinden. Für einige sind Schreien normal, während andere bereits einen drohenden Unterton als Gewalt sehen. Diese Fragen sollten zu Beginn geklärt und Stoppzeichen vereinbart werden.
Schwieriger wird es bei psychischer Gewalt. Psychische Gewalt, auch emotionale oder seelische Gewalt genannt, umfasst Handlungen und Verhaltensweisen, die darauf abzielen, eine Person emotional zu verletzen, zu kontrollieren oder zu manipulieren. Diese Art von Gewalt kann subtil und schwerer zu erkennen sein als körperliche Gewalt, ist aber genauso schädlich. Hier sind einige Beispiele für psychische Gewalt:
- Beleidigungen und Demütigungen: Abwertende oder beleidigende Kommentare, die das Selbstwertgefühl der Person herabsetzen.
- Manipulation: Verhalten, das darauf abzielt, die Wahrnehmung oder das Verhalten einer Person zu steuern, oft durch Schuldgefühle, Angst oder andere emotionale Druckmittel.
- Isolation: Den Kontakt zu Freunden und Familie einschränken, um die Person von ihrem sozialen Netzwerk zu isolieren.
- Drohverhalten: Andeutungen oder direkte Drohungen, die Angst und Unsicherheit erzeugen sollen.
- Kontrolle und Überwachung: Übermäßige Kontrolle über das Leben der Person, wie z.B. durch Überwachung von Telefonaten, Nachrichten oder Internetaktivitäten.
Psychische Gewalt ist eine komplexe Herausforderung in der Mediation, da sie oft schwer zu erkennen und schwerwiegender als physische Gewalt sein kann. Hier sind einige Ansätze, wie man mit psychischer Gewalt in der Mediation umgehen kann:
- Erkennen und Validieren: Es ist wichtig, dass der Mediator die psychische Gewalt erkennt und validiert. Dies bedeutet, dass der Mediator die Erfahrungen und Gefühle der Betroffenen ernst nimmt und bestätigt.
- Sicherer Raum schaffen: Der Mediator sollte einen sicheren Raum schaffen, in dem die Betroffenen sich wohl fühlen, ihre Erfahrungen zu teilen. Dies kann durch die Schaffung eines vertrauensvollen Umfelds und durch die Verwendung von aktiver Zuhörtechniken erreicht werden.
- Neutralität wahren: Der Mediator muss neutral bleiben und keine Partei unterstützen oder verurteilen. Dies ist entscheidend, um die Allparteilichkeit und Neutralität der Mediation zu gewährleisten.
- Ressourcen und Unterstützung anbieten: Der Mediator sollte den Betroffenen auf Ressourcen und Unterstützung hinweisen, wie z.B. Beratungsstellen oder Selbsthilfegruppen.
- Konstruktive Kommunikation fördern: Der Mediator kann den Betroffenen dabei helfen, ihre Gefühle und Erfahrungen auf konstruktive Weise auszudrücken, um Missverständnisse zu vermeiden und eine produktive Diskussion zu f\u00f6rdern.
- Grenzen setzen: In Fällen extremer psychischer Gewalt kann es notwendig sein, die Mediation abzubrechen und auf andere Konfliktlösungsmethoden wie gerichtliche Klärung oder professionelle Beratung zu setzen.
Wichtig ist der Wille aller Beteiligten, besonders der bedrohten Partei. Einzelgespräche helfen, dies zu klären. Es muss geprüft werden, ob die unterlegene Partei aus Angst vor der anderen Mediation statt Gericht bevorzugt. Dies könnte ihre Autonomie einschränken. Mediatoren sollten jedoch ihre eigene Meinung nicht als entscheidend ansehen.