Die Frage nach dem Unterschied zwischen einem Gerichtsverfahren und einer Mediation wird häufig gestellt und in den Medien diskutiert. Adrian Schweizer hat zur Veranschaulichung das ‚Rad der Konfliktlösung‘ entwickelt, welches in seinem Werk ‚Konfliktlösung ohne Gericht – Wirtschaftsmediation, Coaching, Nachhaltigkeit‘ (zusammen mit Stefan Kracht, 2020, S. 50) dargestellt ist:

Es ist offensichtlich, dass ein Gerichtsverfahren im Bereich des Rechts angesiedelt ist, während Mediation die Interessen der Beteiligten in den Vordergrund stellt. Oft führt die Bezeichnung der Anwältinnen und Anwälte als ‚Interessenvertretende‘ zu Verwirrung unter den Betroffenen. Tatsächlich agieren sie jedoch als Vertretende von Ansprüchen. In einem Gerichtsverfahren ist es erforderlich, dass die Anwältinnen und Anwälte einen rechtlichen Anspruch geltend machen, und ein Blick in die Klageschrift offenbart, dass die eigentlichen Interessen der Parteien dort selten Erwähnung finden.

Edward de Bono hat vier Denkrichtungen im Konfliktmanagement entwickelt: Kämpfen, Verhandeln, Lösen und Entwerfen. Diese Ansätze bieten unterschiedliche Strategien, um Konflikte zu bewältigen.

Die erste Denkrichtung, der Kampf, ist charakteristisch für gerichtliche Auseinandersetzungen. Hierbei treten die Parteien in einen Wettstreit, der durch die Verfahrensordnung strukturiert wird. Die Entscheidung liegt letztendlich bei den Richterinnen und Richtern. Dieses Modell führt zu eindeutigen Ergebnissen mit Gewinnern und Verlierern, ohne Zwischenstufen. Es herrscht eine Konfrontation, bei der die Parteien gegeneinander statt miteinander arbeiten.

Ist Verhandeln die bessere Option? Im Vergleich zum Kampf sicherlich. Doch auch beim Verhandeln stehen sich die Parteien gegenüber. Verhandlungen implizieren einen Kompromiss, der sich meist irgendwo zwischen den Positionen der Beteiligten befindet. Diese Positionen werden mit Argumenten verteidigt und angegriffen. Anstatt unsere Zeit damit zu verbringen, gegen bestehende Ideen anzugehen, könnten wir sie nutzen, um neue Lösungen zu entwickeln. Selbst die mündliche Verhandlung im Zivilprozess ist ein kontradiktorisches Verfahren, ein Wettstreit der Argumente.

Problemlösungen erfordern oft ein gemeinschaftliches Vorgehen. Doch ist es wirklich so einfach, dass man ein Problem definiert, den Werkzeugkasten öffnet und es dann löst? Diese Herangehensweise greift zu kurz. Wir stehen meist vor komplexen Situationen, in denen es schwierig, wenn nicht gar unmöglich ist, das eigentliche Problem eindeutig zu definieren. Neben der klassischen Ursachen-Beseitigungs-Lösung existiert auch der Ansatz des Zielorientierten Vorgehens. Hierbei ist es essenziell, das Ziel präzise zu formulieren. Eine Herausforderung dabei ist, dass wir oft schon bei der Problemdefinition eine Lösung im Kopf haben, was den Raum für kreative Ideen einschränkt. Zudem tendiert unser Denken dazu, in der Vergangenheit verhaftet zu bleiben.

Die optimale Strategie ist es, gemeinsam eine neue Zukunft zu gestalten und ein innovatives Ergebnis zu kreieren. Nach Edward de Bono liegt der Vorteil dieses Ansatzes darin, dass wir uns von der Vorstellung lösen, Konfliktbewältigung müsse zwangsläufig konfliktbehaftetes Denken nach sich ziehen. Beim Entwerfen steht die Konsensfindung im Mittelpunkt. Es ist ein Prozess, der Kreativität erfordert und ein offenes Ergebnis zulässt. Der Fokus liegt dabei klar auf der Gestaltung der Zukunft.

Der wesentliche Unterschied zwischen einem Gerichtsverfahren und der Mediation liegt in der Art der Interaktion. Bei einem Gerichtsverfahren verharren die Beteiligten in einer Konfrontation – unabhängig davon, ob das Verfahren bis zum Urteilsspruch geführt wird (Kampf) oder ob Vergleichsverhandlungen stattfinden. Im Gegensatz dazu fördert die Mediation ein kooperatives Miteinander. Sie bietet die Möglichkeit, gemeinsam Probleme zu lösen oder eine zukunftsorientierte Perspektive zu entwickeln. Dieses kooperative Fundament ist der entscheidende Vorteil der Mediation. Es schafft die Basis für ein gemeinsames Verständnis und befähigt die Medianden zur Zusammenarbeit – eine zentrale Aufgabe der Mediatorin oder des Mediators.