Der Do-It-Yourself-Mandant
In den Vereinigten Staaten greift das Angebot von sogenannten „unbundled legal Services“ um sich, das heißt, das die Anwälte dort nur Teilbereiche der gesamten anwaltlichen Leistung verkaufen und die Mandanten den Rest selbst erledigen. Welche Leistungen können aus dem Gesamtbündel der anwaltlichen Vertretung des Mandanten herausgelöst werden?
- Erstellen von rechtssicheren Verträgen/Formularen (Document Drafting and Legal Form Preparation). Dies geschieht meist in automatisierter Form, indem lediglich die für dem Vertrag notwendigen Informationen abgefragt werden und dann automatisch in den Vertrag eingefügt werden. Dies ist natürlich nur sinnvoll für standardisierte Vorgänge. Ein Beispiel hierfür ist WhichDraft.
- Das Verfassen von Schreiben und Schriftsätzen für den Mandanten, die dieser unter seinem Namen abschickt (Ghostwriting). Dies ist natürlich nur in außergerichtlichen Angelegenheiten und dort möglich, wo kein Anwaltszwang besteht. In den USA ist die „pro-se-litigation“ durchaus verbreitet. Allerdings ist in den Staaten durchaus umstritten, ob die Urheberschaft des Anwalts nicht offengelegt werden muss.
- Ausschließliche Terminswahrnehmung durch den Anwalt, ohne den fall ansonsten zu bearbeiten (limited appearances). Auch diese Art des unbundled Service ist sark umstritten, weil nicht klar wird, wie die Verantwortlichkeiten verteilt sind. Ein Anwalt, der für den Mandanten (nur) einen Termin wahrnimmt, muss letztlich doch die gesamte Rechtslage vorher prüfen. In begrenztem Maße gibt es die limited apperances bei uns bereits in der Form des Terminsvertreters.
- Möglich ist auch, den Mandanten für seinen Rechtsstreit zu coachen oder eine Strategie mit ihm zu entwickeln (legal coaching and strategy). Dies ist bereits im Rahmen einer rechtlichen Beratung auch bei uns möglich. Es wäre dann Aufgabe des Mandanten selbst, die Strategie auszuführen.
- Collaborative Law ist eine Form der rechtlichen Vertretung, bei der mit dem Mandanten (und dem Gegner) zuvor klar vereinbart wird, den Rechtsstreit ausschließlich außergerichtlich zu lösen. Zu den Einzelheiten siehe mein Artikel „Der 5. Weg zur Scheidung„.
Diese Art des Angebots von Teilleistungen wird in den USA fast ausschließlich in zivilrechtlichen Konflikten angeboten. Zwar wäre auch im Bereich der Strafverteidigung ein Abtrennen von Tätigkeiten möglich, aber wohl kaum sinnvoll.
Ob sich dieser Trend auch bei uns durchsetzen wird, bleibt fraglich, zumal die meisten Rechtsstreitigkeiten mit Anwaltszwang versehen sind und im amtsgerichtlichen Bereich im Hinblick auf die vom Streitwert abhängigen Vergütungen kaum Kostenvorteile ergeben.
Ein Gedanke zu „Der Do-It-Yourself-Mandant“
Für 1. gibt es in den USA zahlreiche sehr professionelle Werkzeuge. Für viele Anwender spricht aus meiner Sicht nichts dagegen, darauf zurückzugreifen, solange ihnen klar ist, dass damit nur Standardfälle abgedeckt werden können. Anwälte behaupten zwar gerne, dass kein Fall wie der andere ist, aber letztlich geht es gerade in der Beratung von Privatpersonen doch meistens um solche Standardfälle.
Ansatz Nr. 2 spielt in der Beratung schon jetzt eine große Rolle, wenn man Unternehmen berät, also deren Geschäftsführung und/oder Rechtsabteilung. Dort wird in vielen Situationen großer Wert darauf gelegt, dass kein „Externer“ nach außen auftritt. Das kann ganz unterschiedliche Gründe haben.
Ansatz Nr. 3 ist in der Tat problematisch.
Ansatz Nr. 4 ist aus meiner Sicht ohnehin fester Bestandteil einer professionellen Beratung.
Ansatz Nr. 5 ergibt für mich vor allem bei Mediatoren Sinn.