Anwaltliches Selbstverständnis?
Ich hatte vor ein paar Tagen einen Artikel zum Thema „Vom Juristen zum Konfliktmanager“ geschrieben. Ein Kommentar von „Werner“ hierzu lautete wie folgt:
Würden Sie von jemandem, der Fernseher verkauft, auch erwarten, dass er sein Angebot um Bücher erweitert und den Kunden, der einen Fernseher will, zuvor ausführlich über die Vorzüge des Bücherlesens gegenüber dem exzessiven Fernsehkonsum berät?
Klar sollen Anwälte und Richter eine vergleichsweise Einigung vermitteln helfen. Eine Mediation ist aber ein aliud. Wer sowas will, soll gleich zum Mediator gehen.
Da stellt sich für mich die Frage, welches Selbstverständnis Anwälte von ihrem Beruf haben. Klar ist, dass sich jeder Anwalt diese Frage für sich selbst beantworten muss. Der oben zitierte Kommentator sieht sich als Anwalt wohl eher in der Rolle des Kämpfers für das Recht. Es ist sicherlich legitim, seine eigene berufliche Rolle so zu definieren. Nicht richtig ist es allerdings, diese Sichtweise zu verallgemeinern.
Ich meine daher, dass nicht richtig ist, bin Anwalt nur als Verkäufer von Fernsehern anzusehen, der alternative Konfliktlösungsmöglichkeiten (hier die Bücher) überhaupt nicht im Portfolio hat.
Ich meine auch nicht, dass die Mandanten zum Anwalt gehen, weil sie in ihm einen kompromisslosen Kämpfer für Positionen sehen und um einzig und allein die Einbahnstraße von außergerichtlicher Forderungsgeltendmachung zum Prozess zu beschreiten. Sicher gibt es den einen oder anderen Mandanten, der den eigenen Anwalt im übertragenen Sinne als Keule missbrauchen will. Meiner Meinung nach sind die meisten Mandanten weder auf einen juristisch durchsetzbaren Anspruch fixiert noch darauf, irgendetwas kompromisslos durchzusetzen, wenn sie ihren Anwalt erstmals aufsuchen. In aller Regel geht Kompromissbereitschaft aufgrund des juristischen Verfahrens erst verloren.
Mandanten erwarten von ihrem Anwalt – dies ist zumindest meine Meinung – die optimale Lösung eines bestehenden Konflikts. Hierbei erwarten sie, dass der Anwalt eben nicht nur eine Lösungsmöglichkeit anbietet sondern die für den jeweiligen Konflikt beste Möglichkeit. Hierzu gehören eben auch die so genannten alternativen Konfliktlösungen wie Mediation. Diese kann der angesprochene Anwalt war nicht selbst anbieten (da er ja von dem Mandanten insoweit bereits beauftragt ist), er kann das Mediationsverfahren aber juristisch begleiten. Dies ist seitens der Mediatoren auch erwünscht.
Letztlich schadet es ja auch dem Anwalt nicht, wenn er das Spektrum der von ihm angebotenen Leistungen erweitert und dem Mandanten eben auch Mediation bzw. die Begleitung im Mediationsverfahren anbietet.
Deshalb bin ich der Auffassung, dass die Mandanten heute eben nicht den Juristen sondern den Konfliktmanager für ihren Konflikt wünschen.